Menschen 23: Kaninchenwächterin

Neben dem Riesenterrarium im Magdeburger Allee-Center entdeckte ich eine Frau, nicht unattraktiv, in offzieller Kleidung, deren Funktion darin zu bestehen schien, die kleinen, osterlichen Kuschelkaninchen und ihre schützende Glasscheibe vor den wieauchimmer gearteteten Aktionen übereifriger Kaninchenknuddler zu bewahren. Unbewegt stand sie da und blickte auf die possierlichen Wesen zu ihren Füßen, die das unverschämte Glück hatten, nicht menschlich sein zu müssen und nach Belieben fressen, hüpfen, kacken und kopulieren zu können, während sie selbst mit bemühter Freundlichkeit ihre eigene Präsenz nutzte, um potentiellen Schädlingen ihr ungutes Treiben aus den verzückten Schädeln zu verscheuchen und aufdringlich Fragenden pauschale Nonsens-Antworten zu geben.

Sie stand da und wirkte traurig.
Umgeben von possierlichen Hüpftierchen, die jedem Vorbeigehenden ein erfreutes Lächeln abzwangen, wirkte ihre Traurigkeit unangemessen, ja sonderbar. Vielleicht war es ihre Aufgabe, die sie bedrückte, die sie offensichtlich unterforderte, ja langweilte: Ein starres Stillstehen neben verlockend weichen, doch glasscheibenfernen Fellwesen, eine durch achtsame Wichtigkeit getarnte Untätigkeit.

Mit trauriger Miene stand sie auf ihrem Posten und ihr abgestumpfter Blick konnte auch durch die geballte Kanninchenniedlichkeit nicht mehr zu einem freudigen Glitzern erregt werden.