Ich habe zu spät zu Metallica gefunden, und ich vermute, es war noch nicht einmal meine Schuld. Schuld sind meine Eltern, die mich zu spät gebaren, denn als ich mich ernsthaft für gitarrenbestückte Klänge zu interessieren begann, waren Metallicas Hoch-Zeiten längst vorbei.
Angeblich kann man das gesamte 90er-Jahre-Werk der Band in jene Tonne werfen, auf der Drummer Lars Ulrich bei „St.Anger“ dauerhaft herumzukloppen scheint, doch meine erste Intensiverfahrung mit Metallica war „Reload“ (1997). Ich hatte schon immer Respekt vor Bands, die bereits länger existierten, als ich – im wahrsten Sinne des Wortes – zu denken imstande war, und hätte mich vermutlich auch nicht an Metallica gewagt, wenn nicht mein jüngerer Bruder das „Reload“-Album angeschleppt und wiederholt in den Player geworfen hätte. Meine Abstandssuche wandelte sich zu Neugierde und schließlich zu Gefallen, denn tatsächlich mochte ich „Reload“ und würde es mir – auch wenn jeder meint, es sei mit unglaublicher Schlechtigkeit besudelt – wohl auch heute noch einmal anhören — wenn Metallica nicht so scheiße wäre.
Nach „Reload“ kamen „Load“ und das „Justice“-Werk, das ja mit endloser Genialität behaftet sein soll. Ich entlieh die CDs der heimischen Stadtbibliothek, konnte aber keinen Weg zu ihnen finden. Sicherlich, irgendwo befand sich „The Unforgiven“, das mich interessierte, weil dessen zweiter Teil mir gefiel, doch könnte ich heute keinen einzigen Titel nennen, der sich auf den beiden Alben befand. Das schwarze Album habe ich vermutlich bis heute nicht komplett durchgehört – und mein diesbezüglicher Willen ist minimal. Schließlich ist Metallica scheiße.
Ich kann mich erinnern, dass ich eigens für das mit Spannung erwartete „S&M“-Album am ersten Verkaufstag in den Laden rannte und mindesten 20 Minuten lang ununterbrochen „reinhörte“. Zwar beschlich mich das Gefühl, dass jeder einzelne Song mit Weichspüler behandelt worden war, doch kaufte das Doppelalbum trotzdem. Vielleicht ließ sich ja irgendwo ein bisschen Härte entdeckten. Doch das als Single ausgekoppelte, verwässerte „Nothing else matters“ ging mir ebenso bald auf den Nerv wie der Rest des Albums, und ich begann, mich von der Band abzuwenden. „Fuel“ blieb mir positiv in Erinnerung, weil ich mich jedesmal, wenn James Hetfield „Gimme fuel / Gimme fire / Gimme that which I desire“ schrie, im Auto befand und gerade durch eine 30er-Zone schlich. Mein Bruder kaufte „Garage Inc.“, das ich von vorneherein ablehnte, weil ich mich veralbert fühlte, von einer achsogroßen Band ausschließlich Coversongs vorgesetzt zubekommen. Dass die mit dem mir nicht wirklich zusagenden Film „Mission Impossible“ erscheinende Maxi „I disappear“ komplett in Schwarz gehalten war, fand ich zwar beeindruckend, doch konnte es mein zunehmendes Desinteresse nicht aufhalten. Metallica ist eigentlich scheiße, dachte ich irgendwann.
Danach erfolgte eine lange Pause. Mich hatte der ganze Besetzungskram der Band, ihre Drogen- und Alkoholprobleme und alles, was damit zu tun hatte, nie interessiert, und so verfolgte ich auch nicht, was über die Jahre geschah. Mein Musikgeschmack blieb dem Metallischen treu, und auch wenn ich mich im Besitz eines Aufnähers mit Metallica-Bandlogo befand, hörte ich nur noch hin und wieder in „Reloaded“ rein. Wenn überhaupt.
„St. Anger“ nervte mich von Anfang an. Der neue Bassist, der auf der Bühne selbst bei den ruhigsten Passagen wild herumhampelte, die Medieneuphorie, die im Video aufgegriffene Gefängnisthemaik, der Sound – all das ließ mich maximal skeptisch blicken. Meine Metallica-Zeit war vorbei. Irgendwann hörte ich das Album tatsächlich durch, einmal, zweimal, machte mich über die Drums lustig, und das war’s. Metallica sind scheiße, beschloss ich.
Dass Onkel Ulrich Napster verklagte, interessierte mich nicht. „Some kind of monster“ interessierte mich nicht. Metallica war scheiße. Punkt.
Wenn man von einigen Liedern des Reloaded-Albums absah, war Metallica für mich ständig nur Mittelmaß gewesen, allerdings ein Mittelmaß, das von allen so sehr zum „Kult“ hochgejubelt worden war, dass ich schwerlich etwas dagegen sagen konnte. Ich mochte Metal, doch jemand, der Metallica mochte, folgte in meinem Augen nur dem Trend der allgemeinen Hochjubelei. Vielleicht hatte es einst eine Metallica-Hyperzeit gegeben, doch der Großteil der „in meiner Zeit“ erscheinenen Werke rechtfertigten keinen Hype. Metallica hatte einen Namen, mehr nicht, und ich hörte lieber andere Bands, vielleicht weniger bekannt, dafür mehr meinem Geschmack entsprechend. Wenn ich Metallica fortan scheiße fand, dachte ich, würde ich dem unnützen Hype entgehen und trotzdem nichts verpassen.
Unlängst nun erschien „Death Magnetic“. Irgendwer fand den Titel bescheuert, was ich wiederum bescheuert fand. Plötzlich war Metallica wieder in aller Munde und selbst der mir unsympathische, eigentlich Alternativmusik hörende Jan Wigger von SpOn hat sich dazu hinreißen lassen, eine Rezension zu verfassen, nach deren Lektüre ich nur wusste, dass die Titel überlang seien – was für eine Überraschung im Metalbereich, wo zehnminütige Opeth-Werke als üblich gelten. Schnell eilte ich auf metal.de und erfuhr in durchaus guter Rezension, dass das Album durchwachsen sei, dass es gute Songs gebe, die sich mit schlechteren abwechselten. Ähem.
Last.fm nervte mich mit dämlicher Metallica-Flackerwerbung. Im Plattenladen meines Vertrauens lief ich gedankenlos an den neuen Metallica-CDs vorbei. Auf Spreeblick wurden Konzertkarten verlost, und ich stellte fest, dass ich selbst dann zögern würde, zum Metallica-Konzert zu gehen, hätte ich Karten für einen Auftritt hier an meinem Wohnort ungefragt geschenkt bekommen.
Mein Bruder rief an. Er hatte das Werk bereits erworben und für ziemlich gut befunden. Ich stutzte. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, geht doch sein Musikgeschmack mit meinem zu nicht geringen Teilen konform. Wenn er also sagte, „Death Magnetic“ sei empfehlenswert, dann war davon auszugehen, dass ich es mögen könnte. Ich könnte ja mal reinhören, überlegte ich, doch schüttelte dann mit dem Kopf. Metallica ist schließlich scheiße.
ach, wegen mir hätten sie sich nach der „ride the lightning“ auflösen können.
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Dann hätte ich vmtl Metallica niemals kennengelernt und nicht obigen Text schreiben können. Und dann wäre es hier im Blog zu ruhig gewesen und die zahlreichen Leser hätten sich beschwert. Und dann hätte ich antworten müssen: „Nur wegen der.grob haben sich ‚tallica bereits nach ihrem zweiten Album aufgelöst…“
Und dann wäre der wütende Mob rübergepilgert in das „tod eines zu mittag speisenden“-Blog und hätte dort randaliert. Mindestens.
Ich mag Metallica. 😀
Vor allem St. Anger find ich genial! Ins neue Album hab ich noch nicht reingehört…
REPLY:
Tja. Vermutlich würde ich „St. Anger“ auch mögen, hätte ich nicht beschlossen, dass Metallica scheiße ist..
[Und mit „scheiße“ meine ich vermutlich „mir egal“…]
Naja gut Jeder hat seinen Geschmack, aber ich denke Millionen von Fans können sich nicht täuschen. Das Metallica definitiv die Trash-Metall-Szene mitbegründet hat ist schon mal Fakt und sie haben sich ganz einfach im Laufe der Jahre weiter entwickelt…. du hast sicher Recht das die Glanzzeiten vorbei sind, dass ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es einfach mal nur geile Musik ist die sie da in den 80er Jahren komponiert haben… und heute ebenfalls noch rocken…
Ist eben jede Musikrichtung probiert worden… ich finde das alte Zeug richtig geil, kann mir aber auch schön Blues und Rock inspirierte Mukke von denen anhören wie auf Load und ReLoad….
Garage Inc. war kein geplantes Album, nur war es ein Tribut all den Bands gegenüber die Metallica, in ihrer Art Musik zu machen, inspiriert haben… das waren einfach nur Lieder die aus „Spaß“ aufgenommen wurden, es waren dann eben im Laufe der Jahre so viele, dass ein Intelligenter Mensch sich gedacht hat die vllt. auch mal zu vermarkten… und ich finde alle Interpretationen der Songs durchaus erstklassig…..
Von St. Anger bin ich jetzt auch nicht so begeistert, aber als eingefleischter Metallica-Fan denke ich ist es noch vertretbar…. das Metallica damit nicht unbedingt neue Fans gewonnen hat ist auch kein Geheimnis, aber das liegt in der Macht des Erfolgs einfach mal das auszuprobieren worauf man gerade mal Bock hat, und das sie die Produktionskosten damit wieder einspielen war ja klar, bei der Anhängerschaft….
Death Megnatic hat das Niveau wieder etwas gehoben knüpft aber auch nicht an Alben wie „Master of Puppets“ an. Muss es ja auch nicht….
Alles in allem Ist Metallica eine Band mit Tradition und Geschichte, diese leben Sie bei jedem Konzert immer wieder aus… es ist einfach das Auftreten die Art und das Verhalten der Band die Metallica diese Magie verleihen. Und deswegen werde ich Fan bleiben und wenn Sie Volksmusik trellern, ist mir scheißegal :`D
Also Leute KEEP ROCKIN´