Kitzeln

Zwei klitzekleine Kapuzineräffchen saßen auf einem dicken Ast und kitzelten sich. Kein normales Kitzeln war das, sondern ein richtiges, großes Kitzeln, eines, das ganzen Körpereinsatz forderte, eines, das krabbelte und streichelte und zwickte und piekste – eben ein richtiges Kapuzineräffchenkitzeln.

Den ganzen Morgen lang kitzelten sich die beiden kleinen Kapuzineräffchen, bis sie irgendwann erschöpft innehielten.

„Weißt du.“, sagte das erste Kapuzineräffchen und war ein wenig außer Atem. „Das alles bringt gar nichts.“
Das zweite Kapuzineräffchen schaute verwundert.
„Ich bin überhaupt nicht kitzlig.“, erklärte das erste Kapuzineräffchen.

„Aber ich.“, rief da das zweite Kapuzineräffchen und stürzte sich erneut auf seinen Freund.
„Und zwar an den Fingerspitzen!“

Am Morgen

„Vielleicht ist es das.“, dachte ich. „Vielleicht ist es das.“

Mein Atem war schwer und stach, als gelte es mich tief und tiefer zu durchbohren. Schweißperlen warteten in den Poren darauf auszubrechen und mir zu entrinnen. In den Oberschenkeln schlummerte Erschöpfung und wuchs langsam zu warmer Blüte.

Doch mein Schritt war leicht, trug mich durch den morgendlichen Wald, in den erste Sonnenstrahlen glitten, um alles Schöne dieser Welt wachzukitzeln. Tropfen des nächtlichen Regens ließen sich tiefensüchtig auf mein Haupt fallen, kühlten meine erhitzte Stirn, während ich meinen Blick auf den steinigen Waldpfad klebte und mich meiner Atemlosigkeit entgegenkämpfte.

Ich lief, und dann stürmte ein Reh aus den Büschen, querte den Pfad und verschwand in weiterem Grün. Sekundenbruchteile später folgte ein zweites Reh, und ein Ruf des Erstaunens fand den Weg hinaus aus meinem Mund.

In den Ästen flatterte es wild, wenn ich mit welkenden Kräften vorübereilte, und das Geröll des Pfades war besät mit kleinen und großen Häuserschnecken, deren Fühler sich vor meinem geräuschvollen Nahen versteckten.

Der Wald war längst erwacht, nutzte mein Hiersein, um sich in atemberaubender Pracht darzubieten, seine Pfade vor meinen stampfenden Schuhen zu öffnen und mich zu umarmen mit sich selbst. Ich wollte lächeln, doch bedurfte nun jedes Atemzuges, jedes Quentchens Morgenluft, dessen ich habhaft werden konnte.

„Vielleicht ist es das.“, dachte ich und erinnerte mich, dass ich noch vor einer Stunde im Bett gelegen und den dezibelreichen Dialogen der schwerhörigen Nachbarin gelauscht hatte. Der Wecker verweilte längst noch in tiefstem Schlummerschlaf, und der Tag sollte erst in später Ferne beginnen. Doch ich war wach, vermochte nicht, das Träumen wiederzufinden, verlor mich im unidentifizierbaren Geräusch nachbarlichen Redens, als wäre mein noch träges Denken imstande, das Fehlende mit Sinn zu füllen.

Und dann war ich einfach aufgestanden, hatte mich mit Musik und Schuhen, mit Stoff und Zuversicht bekleidet und war in die Stille des Außens aufgebrochen, um meinen Atem zu verlieren und salzige Feuchte auf meine Stirn zu laden.

„Vielleicht ist es das.“, dachte ich. „Nicht zwischen Gram und Trägheit zu versinken, sondern Gelegenheiten zu erkennen, zu ergreifen und ihnen Schönheit zu entdecken. Den Schädelschalter umzulegen und die Perspektive zu ändern.“

„Vielleicht ist es das.“, dachte ich erneut, während mich meine zäher werdenden Schritte in Richtung heute trugen.