In Eile

Ich verließ die Wohnung in Eile. Die Arbeit rief lauthals, und mir klingelten bereits die Ohren.
Die Nachbarstür stand einen Spalt offen. Ein Hund, genauer: ein Belgischer Kringelterrier mit flauschigem Schnauzbart, huschte heraus und stolperte niedlich die vier Stufen zum Ausgang hinunter.
‘Irgendwoher kommt mir der Hund bekannt vor.’, dachte ich noch, doch meine Beine hatten mich schon ins Freie getragen, beförderten Arbeitsrechner, Arbeitshemd, Arbeitsgesicht und den gesamten mürrischen Rest in Richtung Busbahnhof.

Der Belgische Kringelterrier lief neben mir her, fiel immer wieder ein Stück hinter meinen riesigen, hastigen Schritten zurück und holte im gleichen Atemzug fröhlich hopsend die verlorene Distanz wieder auf.

“Hallo.”, grüßte ich, um nicht unhöflich zu sein.
Der Belgische Kringelterrier schwieg, begleitete mich und streckte freudig seine Zunge in die kühle Morgenluft.
Ich betrieb Smalltalk.
Ich redete über das Wetter, das Wochenende und sogar über das Spiel vom Vorabend, das ich nicht gesehen hatte.

Irgendwann sagte ich gerade
“… und deswegen versuche ich, ein besserer Mensch zu sein.“, als der Belgische Kringelterrier schnaubte.
Nach all den Monologen und Themenwechseln war das die erste Reaktion, die er von sich gab.
Der Terrier schnaubte, und wer – wie ich – sich mit Belgischen Kringelterriern auskannte, wusste, was dieses Schnauben bedeutete:
Der Belgische Kringelterrier lachte. Genauer: Er lachte mich aus.

“Ich will ein besserer Mensch sein!”, wiederholte ich mit Nachdruck.
Der Terrier lachte erneut.
Dann begann er zu sprechen:
“Ein besserer Mensch sein?
Das ist, als ob man hungrig ist und nur an der Speisekarte RIECHT.
Das ist als ob ein Astronaut nur bis zur nächsten BAUMSPITZE fliegt.
Das ist, als ob …”
“Jaja, schon gut. Ich hab’s verstanden.”, unterbrach ich ihn genervt.
“Was schlägst du denn vor?”

Der Belgische Kringelterrier schaute mich an. Sein Schnauzbart wackelte süß im Takt seiner winzigen Schritte, und aus seinen schwarzen Augen funkelte ein breites Grinsen:
“Sei kein besserer Mensch!”, antwortete er. “Sei ein Hund!”
“Und das hilft?”, fragte ich zweifelnd.
“Auf jeden Fall.”, sagt der Belgische Kringelterrier.
“Bei mir hat es auch geklappt!”, bellte er noch und rannte davon.
Und plötzlich wusste ich, woher mir der Terrier so bekannt vorkam.
“Herr Hoffmann?”, rief ich ihm hinterher. “Nachbar Hoffmann?”, doch der Hund war längst verschwunden