Du warst die vier. Das konnte ja nichts werden.
Nicht bei mir, der die Dreiundzwanzig mochte, besessen war von der Dreiundzwanzig, die meinen Geburtstag bildete, besessen von ihren Auswüchsen, ihren Formen, ihrer Primzahligkeit, besessen von ihrer Quersumme, die sich in meinem Geburtsmonat wiederfand. Die Vier warst du, wenn man das halbe Etwas nicht mitzählte, das sich irgendwo zwischendrin lagerte und ohnehin nie Bedeutung erlangt hatte. Für sie nicht. Für mich nicht. Du warst die Vier in meinem Universum der Zahlen, das sich nur zu gern zum Ungeraden neigte, primzahlaffin Aussenseiter liebkoste, nicht das Gerade, Ebene, Augen Beruhigende streichelte, sondern das Verwackelte, etwas Versetzte, das, was ein wenig neben dem Üblichen stand.
Mit der Eins begann das Zählen, doch ist sie schwerlich dem Geraden oder Ungeraden zuzuordnen. Die Zwei blieb mir fremd. Doch schon die Drei war märchenhaft, und blicke ich heute zurück, entdecke ich ein sich nach Erinnerungen sehnendes Lächeln in meinen Gesicht.
Du warst die Vier, und wären wir in deiner Welt gewesen, hätte diese Zahl Perfektion berührt. In deiner Welt, in der die Zwei Bedeutung hatte und in der die Zweiundzwanzig verhaltene Lobpreisungen erfuhr.
Vier ist Zwei hoch Zwei, hätte ich dir vielleicht gesagt, hätte ich nicht gewusst, dass dich derartige Zahlenspiele befremdeten. Trotz der geliebten Zwei, trotz ihrer Freunde.
Die Vier hätte Perfektion berührt, wäre es deine, nicht meine Welt gewesen, die angefangen hatte zu zählen, nicht meine Welt mit ihren Fünfen, ihrer Elf, ihrer Siebenundvierzig, sondern deine mit der Zwei, die kaum Erwähnung fand. Perfektion.
Doch war ich nicht deine Vier, nicht die Vier in deiner Welt. Wahrscheinlich auch keine Zwei. Eigentlich wusste ich nie genau, welche Zahl mir zustand und ich wagte nie zu fragen. Denn wenn Vergangenheit zwischen deinen Worten hervorblickte, brachte sie stets Tränen mit, endlos in ihrer Zahl. Ich war nicht deine Vier, und mit Sicherheit hätte es auch keine Rolle gespielt, nicht für dich, nicht für mich, so, wie es für mich damals keine Rolle spielte, ob du meine Vier warst. Denn in jenen Augenblicken sah ich dich nur als Eins, als Nummer Eins, als Einzige, als die, die alles war.
Und presse ich dir auch jetzt eine Nummer auf den Leib, eine schlichte, schnöde, mir missfallende Nummer, eine gerade langweilige, dröge Vier, so weiß ich doch, dass du stets die Eine warst.
Zugleich warst du die Vier. Die Hälfte von Zwei hoch Drei, könnte ich mich trösten, doch „die Hälfte“ klingt zu wenig. Wenn ich an Schicksal glauben würde, an ein Schicksal, das von Zahlen bestimmt wird, würde ich der schrecklichen Vier alle Schuld in die schwarzen Schicksalsschuhe schieben. Das konnte ja nichts werden, würde ich sagen, als hätte ich es bereits vorher geahnt. Doch bis zum Schluss ahnte ich nichts. Die Vier war meine Eins. Vier plus Eins gleich Fünf. Das hätte was werden können.
Ein verwegener Gedanke ringt mir ein Lächeln ab: Wenn ein zahlenfreudiges Schicksal die Vier dazu verurteilte, an meiner Unvierigkeit zu scheitern, wenn es das Schicksal war, das die Nüchternheit, die Kantenlosigkeit, die Ebenhaftigeit dieser geraden Zahl an mir abgleiten ließ, sollte ich dann nicht frohlockend eine Eins addieren, zuversichtlich auf den Zahlenstrahlnachfolger warten, die kommende, geliebte Fünf im Geiste begrüßen und sie, die Quersumme der Dreiundzwanzig, mit warmer Hoffnung Willkommen heißen? Sollte ich nicht lächeln, weil die Vier sich in die Vergangenheit zurückzieht und die Pforten öffnet für eine ungerade Zahl, für eine Primzahl, für die jene, die mir so oft von Hausnummern und Kennzeichen entgegenwinkt, für jene Quersumme, die ich in albernem Sinnfinden prall mit Bedeutung vollstopfte?
Du bist die Fünf, könnte ich dann sagen, dann wenn sie gefunden und mir nahe ist. Du bist die Fünf. Das könnte was werden.