Schirm

Ich kratzte mir gerade an der Nase, als mich ein Schirmchen anflog. Es war eines von denen, die der Löwenzahn beherbergt, wenn er schon Pusteblume heißt, eines von jenen Samenkörnern, die man mit einem Atemhauch von der Pflanze lösen und dem Wind darbieten kann. Ein kleines Schirmchen, das, von Luftströmungen getragen, nun auf meiner Fingerspitze landete.
„Hier bleibe ich.“, quietschte das Schirmchen vergnügt, und ich betrachtete es verwundert.
„Hier bleibe ich und werde wachsen.“, rief das Schirmchen und streckte sich ein winziges bisschen.
„Ich werde wachsen und gedeihen, werde mich tief in die Erde graben, Wurzeln fassen, einen Stengel ausbilden und schließlich eine Blüte. Wunderschön wird die Blüte sein, groß und gelb und strahlend, so wie meine Mami. Sie wird leuchten und strahlen und Freund sein mit allen Bienen dieser Welt. Und dann werde ich mich verwandeln, werde kleine Schirmchen bilden und in die Welt senden, werde Kinder bekommen und weiter wachsen. Und meine Kinder werden ihre Wurzeln tief in die Erde graben, werden wachsen und gedeihen, und vielleicht, eines Tages, wird es überall auf dieser Wiese Löwenzähne geben, die ich bin, die einen klitzekleinen Teil von mir mit sich tragen.“
Das kleine Schirmchen strahlte vergnügt.
„Hach. Das wird wunderschön.“
Ich zögerte mit meiner Antwort.
„Äh.“, sagte ich schließlich und war ein wenig verlegen. „Du sitzt auf meiner Fingerspitze.“
Der Schirmchen drehte sich um, schnüffelte kurz an meiner Haut, warf einen Blick unter den Fingernagel.
„Du solltest dich mal wieder waschen.“, sagte es und ließ sich vom Wind davontragen.