Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant 11

„Schläfst du? Schläfst du? Schläfst du?“
Immer wieder rüttelte der kleine dicke Elefant am herumliegenden massigen Leib des großen dicken Elefanten.
Der große Elefant grunzte.
„Wirklich? Du schläfst?“
„Ja.“, brummte der große dicke Elefant missmutig.
„Aber wie kannst du dann reden, wenn du doch schläfst?“ Der kleine dicke Elefant war ganz aufgeregt. „Ich meine, natürlich gibt es welche, die im Schlaf reden, doch die brabbeln immer nur Quatsch und nichts wirklich Sinnvolles. Echtes >Reden< ist im Schlaf nämlich gar nicht möglich.“
„Ich rede ja auch gar nicht.“, brummte der große dicke Elefant und ergänzte: „Elefanten können nämlich gar nicht reden.“

Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant 10

„Was ist eigentlich Herdentrieb?“, fragte der kleine dicke Elefant den großen dicken Elefant.
Der große dicke Elefant räusperte sich. Das tat er immer, wenn er etwas nicht wusste.
„Genau kann ich dir das nicht erklären.“, meinte er schließlich. „Aber es hat etwas damit zu tun, dass weibliche Wesen häufig in der Nähe von Herden anzutreffen sind.“
„Ist das nicht ganz schon chauvinistisch?“, fragte der kleine dicke Elefant, doch der große dicke Elefant war bereits gegangen.

Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant [9]

„Dumbo“, begann der kleine dicke Elefant, und der große dicke Elefant seufzte. Unbeirrt fuhr der kleine dicke Elefant fort: „Dumbo kann fliegen!“
Hätte er eine Augenbraue besessen, hätte der große dicke Elefant sie sicherlich skeptisch hochgezogen. So aber beschränkte er sich darauf, zweifelnd zu blicken.
„Doch wirklich!“, beharrte der kleine dicke Elefant. „Er brauchte eine Weile, um es zu lernen, doch dann flatterte er mit den Ohren und flog davon.“
Der große dicke Elefant hob den Rüssel.
„Elefanten können fliegen.“, erklärte er. „Zumindest fast.“
Nun war es am kleinen dicken Elefanten, zweifelnd zu blicken.
„Es ist ganz einfach:“, sagte der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant rückte interessiert näher.
„Elefanten können liegen. Und fliegen ist nicht mehr als liegen mit einem weiteren Buchstaben.“
Zufrieden mit sich selber legte sich der große dicke Elefant hin.
„Ui.“, meinte der kleine dicke Elefant und flatterte vorsichtig mit den Ohren.

Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant [8]

Der kleine dicke Elefant legte sein Buch beiseite und grübelte.
„Ich weiß nicht genau, von wem das Zitat ist, aber ich finde es gut:“. Gedankenverloren blickte der kleine dicke Elefant zum Himmel und rezitierte: „>Höre niemals auf zu träumen.<„
Der kleine dicke Elefant schwieg kurz und lächelte dann: „Das ist ein gutes Lebensmotto. Danach will ich leben.“ Er schaute zum großen dicken Elefanten. „Und du?“
Der große dicke Elefant schnarchte leise.

Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant [7]

Der kleine dicke Elefant ließ eine weitere Wasserdusche auf den großen dicken Elefanten niedergehen.
„Ich liiiebe Wasser!“, rief er begeistert.
Der große dicke Elefant seufzte nur.
„Ich glaub‘, ich nehme noch ein Glas.“, grinste der kleine dicke Elefant. „diesmal aber ohne Kohlensäure.“

Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant [6]

„Wusstest du eigentlich…“, begann der kleine dicke Elefant, doch der große dicke Elefant seufzte desinteressiert. Der kleine dicke Elefant ließ sich davon nicht beirren. Unverdrossen fuhr er fort:
„… dass wir Elefanten aufgrund unserer Rüsselnase besonders gut riechen können?“
„Wir können. Doch wir tuns nicht.“, brummte der große dicke Elefant.
Der kleine dicke Elefant blickte ihn verwundert an.
„Außer nach einem ausgiebigen Bad.“, erklärte der dicke große Elefant, seinen Rüssel hebend. „Dann können auch Elefanten gut riechen.“

Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant [5]

„Warum bin ich denn grau?“, jammerte der kleine dicke Elefant. „Grau ist langweilig!“
Der große dicke Elefant seufzte.
„Ich will bunt sein!“, rief der kleine dicke Elefant, „Rot und grün und blau und gelb und …“
„Aber du bist doch bunt.“, unterbrach der große dicke Elefant die Aufzählung.
„Ich? Ich bin doch nicht bunt! Ich bin grau! Total grau!“, empörte sich der kleine dicke Elefant.
Der goße dicke Elefant seufzte ein zweites Mal und hob seinen Rüssel, wie er es immer tat, wenn er dem kleinen dicken Elefanten etwas erklären wollte.
„Pass auf:“, meinte der große dicke Elefant. „Wenn du alle Farben, die es gibt, mischst, dann erhälst du…“
„Weiß!“, kreischte der kleine dicke Elefant vergnügt. „Das habe ich in Physik gelernt.“
„Richtig.“, nickte der große dicke Elefant und die Andeutung eines Lächelns stahl sich in seine Mundwinkel. „Weiß vereinigt alle Farben. Weiß ist also ein ziemlich buntes Bunt.“
„Dann will ich weiß sein!“, trompetete der kleine dicke Elefant triumphierend.
Der große dicke Elefant seufzte ein drittes Mal.
„Nicht so hastig. Wir haben schließlich eine Farbe vergessen. Eine Farbe, die eigentlich gar keine Farbe ist, sondern vielmehr die Abwesenheit von Farben.“
„Meinst du etwa Schwarz?“, fragte der kleine dicke Elefant zögerlich. Der große dicke Elefant nickte stolz. Nun lächelte er tatsächlich.
„Wenn man also alle Farben mischt, erhält man weiß. Und wenn man dann noch alle Nichtfarben hinzufügt, ergibt das …?“
„Grau!“, jubelte der kleine dicke Elefant triumphierend.
„Richtig!“, meinte der grpße dicke Elefant. „Daher ist Grau das bunteste Bunt, das man sich vorstellen kann.“
Der kleine dicke Elefant fuhr sich nachdenklich mit dem Rüssel über die Stirn. Nur wenige Augenblicke später rief er: „Dann möchte ich grau sein!“ und rannte fröhlich davon.
Der große dicke Elefant aber schmunzelte noch eine Weile vor sich hin.

Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant [4]

„Weißt du was…?“, fragte der kleine dicke Elefant den großen dicken Elefanten.
„Ich will’s nicht wissen.“, grummelte der große dicke Elefant.
Unbeeindruckt begann der kleine dicke Elefant zu erzählen: „Elefanten sind angeblich die einzigen Säugetiere, die nicht hüpfen können!“
„Ich hab doch gesagt: Ich will’s nicht wissen!“, grummelte der große dicke Elefant und hüpfte davon.

Der große dicke Elefant und der kleine dicke Elefant [3]

„Mit dem Rüssel ist das ja so…“, begann der kleine dicke Elefant. Der große dicke Elefant seufzte. Gleich würde wieder eine schier endlose Geschichte beginnen, die ihn nicht einmal ansatzweise interessierte.
‚Am besten, ich halte mir einfach die Ohren zu.‘, dachte der große dicke Elefant.
„… und deswegen kann man sich mit einem Elefantenrüssel immer nur ein Ohr zuhalten.“, beendete der kleine dicke Elefant seine Geschichte.
„Mist.“, sagte der große dicke Elefant und zog den Rüssel aus dem Ohr.

MiSt: Der Schlossplatz

Jene Wesen, jene Daseinsstile, die gemeinhin die Bezeichnung „alternativ“ tragen könnten, scheinen bei oberflächlicher Betrachtung in Stuttgart nicht zu existieren. Will man sich von dem in der Innenstadt allgegenwärtigen Schickimickiglitzerglamour abgrenzen, pflege ich zu scherzen, erwirbt man eine von Designerhänden fachgerecht zerfetzte Bluejeans. Oder bezahlt im Bioladen vier Euro für 100 Gramm staubtrockenen Gebäcks. Oder bevölkert die Steinplatten vor dem Apple-Gravisstore.

Allein die innenstädtischen Straßennamen, Königs-, Kronprinz-, und Kronenstraße lassen keinen Platz für jenes bourgeoise Gesindel, das ich von früheren Wohnorten kenne. Selbst die Schwarzgewandeten wirken so, als bestünde ihr Protest, ihre Abgrenzung von den gesellschaftlichen Üblichkeiten darin, die elterlichen Kreditkarteninhalte in überteuerten Gothicmarkenläden zugunsten von Geschmacksarmut zeugender Ungutheiten zu reduzieren.

Sollte man sich also dazu entschließen, bei der empfehlenswert guten asiatischen Schnellfütterei innerhalb der Königsbau-Passagen eine Mahlzeit zu erwerben und diese mangels gebäudeinterner Sitzmöglichkeiten draußen, im Freien, am Schlossplatz zu verinnerlichen, darf es nicht wundern, wenn die Vorbeilaufenden und auf den Stufen Sitzenden den Anschein erwecken, Laufstege beraubt und Unsummen für Stoffetzen ausgegeben zu haben.

Dabei ist zu bemerken, dass preisintensive Mode nicht zwingend etwas mit Ästhetik zu tun haben muss. Derzeit sind es beispielsweise die 80er Jahre, denen intensiv gefrönt wird, obwohl diese mit Sicherheit nicht die äußerlich anspechendste Epoche gewesen war. Auffällig ist auch, dass jene, die mit der allgegenwärtigen Trendität aus finanziellen oder anderen Gründen nicht mitzuhalten imstande sind, sich dennoch darum bemühen und somit das Kunststück vollbringen, ohnehin Unansehliches zusätzlich zu widerwartisieren.

Stuttgart wimmelt von Wesen, die in meinem eigentlich Deutsch bevorzugenden Denken den Titel „First-Look-Beauties“ zugeteilt bekamen, die es also verstehen, sich zu gewanden und zu bemalen, sich zu frisieren und zu präsentieren, aber auf den zweiten Blick einfach nur ordinär und öde wirken.

Das Wimmeln ist besonders intensiv am bereits erwähnten Schlossplatz, an dem man nicht versuchen sollte, mit einer Asiamahlzeit bepackt einen Cafétisch zu beanspruchen. Unabhängig davon, wieviele Eisbecher und Kakaogetränke man zu bestellen und bezahlen gewillt ist: Fremdessen wird nicht geduldet. Also begebe ich mich sich eislos auf den eigentlichen Schlossplatz, dorthin, wo vor dem Neuen Schloss eine von sauberen Wegen und sorgsam gepflegten Rasenflächen umkränzte Concordia-Statue thront und allerlei Stuttgarter Bevölkerungsteilnehmer zu ruhigen Minuten auf Wiesen und Bänken einlädt.

Ich nehme dankend an und lasse mich auf einer Bank nieder, die obwohl von Sonnenschein sanft gestreichelt keinen einzigen Besetzer aufweist. Als ich zu essen beginne, erkenne ich den Grund: Ein leichter Windhauch reicht aus, um mir feuchte Springbrunnengischt ins Gesicht zu wehen. Schmunzelnd vertilge ich die mitgebrachte Nahrung. Dafür brauche ich lang genug, um zugunsten einer Testreihe insgesamt drei Mal gefragt zu werden, ob ich rauchen würde; zwei Mal davon vom selben Kerl.

Der Feuchte entweichend begebe ich mich aufs Grün. Dafür, dass ich noch vor wenigen Zeilen die Schickimickigarde beprangerte, ist die Wiese erstaunlich dicht mit ebenjenen Gestalten besät. So etwas wie Privatsphäre existiert hier nicht, doch das hält keinen Muskelitaliener davon ab, den nackten Oberkörper Sonnenstrahlen und Frauenblicken auszusetzen. Eher im Gegenteil.

Von der Königsstraße ertönt unangenehmer Straßenmusikergesang, doch im Rahmen meiner Zufriedenheit entdecke ich in mir großzügige Ignoranz. Ein junger Türke durchwühlt Mülleimer für Mülleimer nach Pfandflaschen, während sein Vater unbeteiligt wartend daneben steht. Rechts neben mir unterhalten sich zwei Erstehilfekursteilnehmende über blutigste Unfälle und links erdreistet sich jemand, mir zu nah zu sein. Irgendwo entdecke ich schließlich sogar zwei Punker und bin mittelschwer beeindruckt.

Der Schlossplatz erweist sich auch in anderer Hinsicht als sympathischer Kerl. Denn beispielsweise bei der diesjährigen Ausgabe des Animationsfestivals war er Anlauf- und Treffpunkt und der Ort, wo eine Bühne nicht nur erstaunlich gute Musiker präsentierte, sondern auch eine monströse Leinwand über mehrere Abende hinweg pixareske Trickfilme darbot. Wer nicht auf einer der raren und unbequemen Bierzeltbänke sitzen wollte, pflanzte sich eben ins Grün, schaute Bolt oder Shrek 3 und erfreute sich des sommerlichen Flairs.

Denn das bietet der Schlossplatz: Einen Hauch Mediterranität, eine Andeutung beschwingter Freiluftkultur.

Angefüllt mit innerem Lächeln besorge ich mir ein Eis, kehre zu meiner Bank zurück und betrachte die zahlreichen Menschen, die sich inmitten der Einkaufsbereiche zu einer entspannten Minute niederließen. Als der Wind mir erneut Springbrunnennässe ins Gesicht weht, schließe ich vergnügt die Augen.