Begegnungen 06: Pinguin

Mitten im Park stieß ich auf einen kleinen Pinguin. Die Enten quakten, erste Amseln tirillierten eine fröhliche Morgenmelodie, und aus meinem Mund dampften kleine Wolken warmer Luft, als das kleine Kerlchen plötzlich vor mir stand.
„Ein Kaiserpinguin!“, rief ich erfreut, denn ich hatte genug Tiersendungen gesehen, um einen Kaiserpinguin erkennen zu können, wenn mir einer im Park begegnete.
Der Kaiserpinguin sah auf, sah mich an – und schüttelte mit dem Kopf.
„Kein Kaiserpinguin?“, fragte ich.
„Kein Kaiserpinguin.“, bestätigte der Kaiserpinguin, der keiner war, leise.
Er hätte am liebsten geseufzt, doch bekanntlich können Pinguine nicht seufzen. Also seufzte ich für ihn.
„Mit der Monarchie ist es vorbei. Wir leben in einer Demokratie.“, erklärte der Pinguin traurig, und setzte sich auf eine Parkbank. Er sah recht verloren aus, der kleine Pinguin auf der riesigen hölzernen Bank, also setzte ich mich zu ihm.
„Es gibt keine Kaiser mehr.“
Er machte eine kleine Pause, und ich nutzte die Gelegenheit, noch einmal zu seufzen.
„Ich könnte maximal ein Kanzlerpinguin sein. Oder ein Präsidialpinguin.“, sagte der Pinguin, und seine hübsche Krone wippte ein wenig hin und her.
„Oder Innenministerpinguin.“, ergänzte ich, und der Pinguin nickte.
In der Ferne sah ich meine Bahn davonfahren, aber mir war es egal.
„Was bist du denn nun für ein Pinguin?“, fragte ich den kleinen Vogel und widerstand der Versuchung, ihn zu streicheln.
„Ein Abgeordnetenpinguin.“, meinte der Pinguin und ergänzte. „Allerdings kein echter.“
„Kein echter?“
„Mich hat niemand gewählt.“, sagte der Pinguin, und ich seufzte ein drittes Mal.
So saßen wir nebeneinander im Park, und allmählich begann ich zu frieren.
„Vielleicht hilft dir das ja.“, sagte ich nach einer Weile und holte einen Ponguin aus meinem Rucksack.
„Ein Ponguin!“, rief der Pinguin erfreut.
Ich nickte.
„Ich muss jetzt gehen.“, sagte ich und stand auf. „Mach’s gut.“
ich lief zur Haltestelle, und als ich nach ein paar Minuten zum Park zurückblickte, sah ich Pinguin und Ponguin fröhlich Tischtennis spielen.
‚Immerhin.‘, dachte ich und stieg in die Bahn.

3 Gedanken zu „Begegnungen 06: Pinguin“

  1. nach dem durchlesen dieser tollen Geschichte – habe ich nach unten diese Seite sich wegschiebend verfolgt und dann den Katzenkalender erblickt 🙂

    Katzen sind jaa sooo cool 🙂

  2. Eine gelungene Begegnung. Welch ein Glück, dass du einen Ponguin dabei hattest! :)))

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