Ich war gerade auf dem Weg zur S-Bahn, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung bemerkte. Ich schaute hin, doch sah nichts. Ein paar Schritte später glaubte ich erneut, eine Bewegung wahrzunehmen, diesmal vor mir. Ich sah genauer hin und entdeckte eine Nacktschnecke, die gerade hinter einer Hauswand verschwand.
„Hey!“, rief ich. Die Schnecke drehte sich um und richtete ihre Fühler auf mich.
„Ja?“, fragte sie.
Es war eine dicke, fast schon als riesig zu bezeichnende Nacktschnecke, deren helles Grau durchaus hübsch anzusehen war.
„Bist du gerade gerannt?“, fragte ich vorsichtig, denn ich war mir nicht sicher, was genau ich eigentlich gesehen hatte.
„Ich? Nö.“, antwortete die Nacktschnecke, doch Schnecken sind unglaublich schlechte Lügner, und ich durchschaute sie sofort. Außerdem war sie noch immer außer Atem.
„Du bist gar keine Nacktschnecke, oder?“, vermutete ich.
Die Nacktschnecke errötete. Ertappt!
„Ich bin eine Weinbergschnecke.“, erklärte die Nichtnacktschnecke. „Allerdings habe ich mein Haus vergessen.“
„Ui.“, sagte ich, denn obgleich ich sehr vergesslich bin, gelang es mir noch nie, mein Haus zu vergessen. Jedoch besitze ich auch keins.
„Und nun flitze ich gerade zurück, um mein Haus zu holen, bevor mich jemand sieht.“ Die Schnecke blickte an. „Ich will sozusagen nach Hause.“
Sie lächelte müde. Anscheinend hatte sie gerade einen Scherz gemacht.
„Ich muss jetzt los.“, sagte sie, und in Sekundenschnelle war sie viereinhalb Meter davongeeilt.
„Warte kurz!“, rief ich hinterher und sprintete zu ihr hin. „Sind Schnecken normalerweise nicht unglaublich langsam?“
Die Schnecke lachte, und zum ersten Mal klang sie tatsächlich fröhlich.
„Ja, sind wir.“, sagte sie, und bevor ich zwinkern konnte, war sie verschwunden.