Männertag

Ich sitze im Zug, irgendwo durch südliches Deutschland brausend. Einen nächsten Zug wird es geben und morgen einen übernächsten. Das Baldige harrt geduldig meines Eintreffens, freut sich bereits jetzt, mich willkommen heißen zu dürfen.

Draußen gleitet Landschaft vorbei. Das kann sie gut, denke ich, doch jedes Mal, wenn ich das Telefon zu Fotografierzwecken zücke, rammen sich Häuser und Straßen ins Bild. Menschen!, denke ich dann und entziehe der noch immer vorbeigleitenden Landschaft meinen Blick.

Männertag ist heute, denke ich. Eigentlich Christi Himmelfahrt, doch mein Interesse an Christus und seinen postmortalen Exkursionen war noch nie sehr ausgeprägt gewesen. Ich versuche, möglichst männlich auf meinem Kaugummi herumzukauen, der jedoch nur die Nachwirkungen meines mittäglichen, bahnhofigen Halloumi-Yufkas mildern soll.

Eine tolle Art, Männertag zu feiern, denke ich, sechs Stunden lang bei schönstem Wetter im Zug sitzend. Für mich ist ja weniger Männer- als vielmehr Vatertag. Das klingt weniger nach marodierenden Horden angetrunkener Testosteronklöpse, sondern fast nach Ehrbarem und Ehrenswertem. Allerdings sah ich heute noch keine Horden, und das Gedenken an meinen Vater entspricht derzeit auch nicht meiner Stimmung. Denn selbige ist gut, heiter fast, und in Vergangenheiten zu wühlen, würde ihr nicht behagen.

Also wühle ich nicht, sondern füge einen kleinen Bahnhof zur vorbeigleitenden Welt hinzu, betrachte rapsiges Gelb und stelle fest, dass es schlechtere Wege gibt, den Männertag zu feiern, als mit Zufriedenheit und Halloumi-Yufka gefüllt in einem Zug zu sitzen und durch sonnige Landschaften zu brausen.