Keineswegs neu ist, dass Menschen Fremdem, Unbekanntem oft kritisch und abwehrend gegenüberstehen, dass sie aus den Zeiten urmenschlicher Entwicklung ein oft gesundes Misstrauen allem noch nicht Erfahrenen gegenüber mitbrachten. In der Gegenwart wirkt dieses Misstrauen oft konservativ, ignorant und abwertend, und doch hat es, zumindest in Ansätzen, seine Berechtigung.
Denn ebenso wie es die Furcht anderem gegenüber gibt, gibt es dessen Gegenteil: die kritiklose Akzeptanz. Weil Dinge neu sind, haftet ihnen automatisch ein Positivcharakter an. Weil sie aus der Fremde kommen, wohnt ihnen ein Hauch von Exotik bei. Und auch dieses Verhalten hat, zumindestens in Ansätzen, seine Berechtigung.
Zwischen diesen Gegensätzen leben wir, müssen uns vorsehen, nicht in das Fettnäpfchen verstaubender Gestrigkeit zu treten, und zugleich alles, was uns unbekannterweise begegnet, mit einem Interesse beäugen, das nicht von überschwänglicher Begeisterung diktiert wird.
Und dennoch: Ich kann ihn nicht leiden, jenen Satz, den ich so oft höre, der in meinen Augen so gut wie keine Daseinsberechtigung hat:
„Das ist mal was anderes.“
Grundlos positiviert wird hier, was anders ist. Natürlich ist es schön, Abwechslung zu finden, das Neue willkommen zu heißen, die graue Masse der Konformität zu verlassen und das Schillern des scheinbar Unverbrauchten zu genießen. Doch diesem Satz schwingt eine Stimmung mit, die zu akzeptieren ich nicht bereit bin, ein grundloses Euphemisieren des anderen, ein Gutfinden, das seine Berechtigung einzig und allein daraus bezieht, dass es von dem Bisherigen abweicht.
Abweichung allein ist kein Merkmal für Güte. Bloß weil etwas anders ist, muss es noch lange nicht den Standards entsprechen, die das Gewohnte mit sich bringt. Denn dies ist der Vorteil des Üblichen: Dass es bereits einen bestimmten Level an Güte erreicht hat und genau deswegen akzeptiert wurde. Dass ein Mindestmaß an Qualität bereits garantiert ist – und vom Neuen, Unbekannten erst gezeigt werden muss.
Sicherlich: Die Masse ist blind und abgestumpft, bereit, auch Ungutes auf Dauer zu akzeptieren allein der Gewöhnung wegen. Und sicherlich: Das meiste, was ohnehin gut ist, kann dennoch verbessert werden.
Dennoch heißt der bloße Umstand, dass man geneigt ist, einen anderen Weg zu beschreiten, noch lange nicht, dass dieser Weg zum altbekannten Ziel oder gar darüber hinaus führen wird.
Ich mag diesen Satz nicht, zucke gepeinigt zusammen, wenn er argumentativ gebraucht wird, wenn sich jener Unterton einschleicht, der irgendwo zwischen Entschuldigung und Wagemut zu liegen scheint, mag nicht, wenn die Worte ausgehen und nur noch diese leere Floskel übrig bleibt.
Kleingeistige Verweigerung ist jedoch nicht minder unnütz als blindwütige Akzeptanz. Der altbekannte Weg der güldenen Mitte führt in die richtige Richtung – und ist wie stets nicht leicht zu finden.