Begegnungen 16: Wurm

Heute Morgen lief ich über die Wiese. Tautropfen setzten sich frech auf meine frisch geputzten Schuhe, und beinahe wäre ich der Versuchung erlegen, mich hinzulegen und im erwachenden Gras zu wälzen. Doch ich nahm mich zusammen, setzte meinen Weg fort, bis ich auf einen winzigen Erdhaufen stieß. Er bewegte sich. Neugierig heilt ich inne. Schaute ganz genau hin.

Tatsächlich! Er bewegte sich. Winzige Erdkrümel stolperten übereinander, als müssten sie Platz machen für etwas, das sich von
unten seinen Weg bahnte. Ein Wurm!

Ein Wurm hatte die Oberfläche durchbrochen und schaute nun neugierig ins Tageslicht. Schön sah er aus, und insbesondere sein Ringelmuster ließ mich ein wenig wundern:

„Sag mal“, fragte ich den Wurm vorsichtig. „Kann das sein, dass du gar kein Wurm bist?“

Der Wurm rührte sich nicht, und ich hatte das Gefühl, dass er mich intensiv anstarrte.
Trotzdem fuhr ich fort: „Bist du nicht das Ende einer Ringelschlange?“

Der Wurm, der keiner war, schaute noch einmal zu mir hinauf, dann auf meine taubedeckten Schuhe und verschwand verschämt im Boden.

„Ich hab’s nicht so gemeint.“, rief ich ihm hinterher, doch der Wurm war bereits verschwunden.

Raschen Schrittes eilte ich davon. Wütende Ringelschlangen waren besonders giftig.