Morgenwurm 57: Regen

‚Regen.‘

Mein erster Gedanke galt dem Wetter. Nicht dem Wecker, der mit unbeholfener Samtheit mein träumendes Gemüt in die Wirklichkeit zu holen versuchte. Nicht dem kommenden Tag oder den soeben verlebten Imaginationen. Nein, dem Wetter.

Dem Draußen fehlte der Klang allmorgendlich zwitschernder Vögel. Statt dessen vernahm ich ein Geräusch, das weder Rauschen noch Plätschern war und vermuten ließ, dass derzeit eine nicht geringe Zahl an Tropfen den Weg von fernen Oben ins willkommen heißende Gras fand.

Die Luft war grau, und die digitalen Zahlen auf der Uhr waren bereits zu sehr angewachsen, als dass ich es noch auf die frühe Stunde, auf das Grauen des Morgens, hätte schieben können. Farben wagten sich bei diesem Wetter nicht aus ihren Verstecken.

‚Regen.‘, dachte ich und fühlte mich wie ein verschlafener Sherlock.

Als ich schließlich losfuhr, als ich die Badezimmer- und Frühstücksprozedur hinter mir gelassen hatte und in ausreichend schützender Verpackung auf dem Fahrrad saß, hatte der Regen aufgehört.

‚Von wegen.‘, dachte ich und freute mich über den winzigen Reim.

[Und bei alledem begleitete mich ein Lied, das ein wenig zum Draußen zu passen schien:]

Nine Inch Nails „All The Love In The World“