Zorn

Schreie branden gegen meine zusammengepressten Lippen, zerbersten tonlos an den Mauern meines Mundes. Ich schlucke sie, presse sie nieder, zerknirsche sie mit stampfenden Zähnen. Drohend ragen mir Wangenknochen aus dem Anlitz, meine Sirn faltet sich in finstere Furchen. Rastlos tasten meine Hände über Tische, Stühle, zitterten begehrlich, erfüllt vom Wunsch nach Zerstörung. Meine Finger formen Fäuste, suchen Ziele, Mauern, Namen.

Mein Mund öffnet sich. Tiefer und tiefer ziehe ich Luft in meine Lungen, schwelle an, lasse sie gehen. Einmal, dreimal. Die wallenden Wogen sinken langsam nieder, meine Finger glätten sich zu sanfter Fläche. Ich halte inne, versuche, unter allen Stürmen mich zu finden, atme.

Eine Frage erreicht mich.

Schüchtern erklimmt ein Lächeln meine Mundwinkel, die Knochen ziehen sich in meinen Schädel zurück. Meine Worte sind ruhig, besonnen, doch nicht frei von Zittern, entschweben den Wirren, die noch immer in mir brodeln.
Langsam kehre ich zurück.
Zu mir.
Zur Welt.

2 Gedanken zu „Zorn“

  1. Ich würde nicht soweit gehen und behaupten, dass ich Angst vor dem obig umschriebenden Jähzorn hätte, jedoch eine gesunde, in Überraschung gipfelnde, zuweilen erschreckende und paradoxerweise leicht amüsierende Form von Respekt, welche mir bewusst werden lässt, wie menschlich und allgegenwärtig die Emotionen sind, die „uns“ zu kontrollieren scheinen, bevor der logische Verstand versucht die Oberhand zu gewinnen und uns der vermeitlichen Vernunft gewahr werden läßt…

  2. @Thomas: Ich habe deinen Kommentar gelöscht, weil er nicht zum Artikel zu passen schien und ich nicht einordnen konnte, ob er nun Spam war oder nicht. Falls du dich unrechtmäßig behandelt fühlst, sag Bescheid, und ich sorge dafür, dass die Welt ein wenig in ordnungerer wird.

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