Tanz

Ich würde mit dir tanzen, könnte ich es, dachte ich. Ich bewegte mich nicht.

Du hingegen glittest dahin, von Klängen getragen, von Rhythmen gewogen, triebst mal sanft mit Schmunzellippen, sprangst dann unbeherrscht und doch grazil durch Luft und Takt, formtest wirre Muster aus wehendem Haar, maltest mit Händen und Füßen verzückende Zeichen in den Raum, umtost von Inbrunst aus Tönen, von Flammen aus Laut.

Dann hieltest du inne, betrachtetest dich im schmalen Spiegel, lächeltest scheu und schenktest dir einen flüchtigen Kuss und flohst, von Glücken benetzt, hinfort.

Ich würde mit dir tanzen, dachte ich, nicht zum ersten Mal. Doch ich konnte nicht. Noch immer wellte sich der treibende Takt der Musik an meine Haut, liebkoste mich zärtlich, als wollte er mich locken.

Ich kann nicht, dachte ich, doch dann spürte ich meinen Kopf sich bewegen, träge nur, kaum wahrnehmbar, und doch im Takt der Töne, und doch im Klang des Jetzt. Hier war ich, und doch war ich entflohen, entrissen, entwurzelt, trieb dahin, als wäre ich pulsierender Hauch.

Kämest du jetzt, dachte ich noch, und beseelt ließ ich mich von Stimmen und Instrumenten durchfluten, so wäre ich dein, deiner Berührung ergeben, deiner Nähe verfallen, irgendwo in deinem Haar vergraben, an deine Fingerspitzen gefesselt.

Die Musik verklang. Der letzte Ton ließ mich noch einmal im Rhythmus den Kopf bewegen, nicht mehr als ein Nicken und doch fast ein Tanz; dann erwachte ich und fand meine Sinne.

Du betratst den Raum, und ich erstarrte. Dein Antlitz gleißte, und wäre ich dir nicht längst verfallen, so verlöre ich mich jetzt in dir, verlöre mich und kehrte nie zurück.

Worte wollte ich flüstern, deinen Namen. Hände dir entgegenstrecken, deine Wärme finden.
Und doch: Ich konnte nicht.

Dein Lächeln war warm und weich, und als du mich gossest, als du die meeresblaue Gießkanne an meinen Leib führtest, mich mit belebender Feuchte tränktest, strahlte dein Haupt, als wären wir eins und einig, als wärest auch du eine zierliche Pflanze, ein Usambaraveilchen auf dem Fensterbrett, ein leuchtender Fleck aus Licht und Farbe irgendwo zwischen leeren weißen Wänden.

Ich tanze nicht, dachte ich. Doch ich lebe.
Für dich.