Fundstück

Als ich die Bibliothek betrat, fand ich auf einem Tisch einen Schmierzettel, auf dem neben kryptischen allerlei Bemerkungen der Ausschnitt eines Gedichtes meine Blicke auf sich zog. Neuigierig las ich, und war angetan, suchte im Internet und fand hier das Folgende.
[Sobald sich Gelegenheit ergibt, werde ich mich eingehender mit dem Autoren und seinem Werk befassen.]

Johannes Bobrowski
„Die Daubas“

[1954]

Droben schwang der Wind.
Wir lebten am Fluss in den Hütten.
Dunkelnd die Ufer hinauf,
tönte das Schilf.

Wir waren Kinder mit unsern
Herzen. Die sangen uns jahrhin.
Anders nicht als die Erde
kamen Fröste und Regen,
Blitz und Gewölk, wie die Zeit –

wie die Zeit,
die wir nahmen
und gaben sie aus den Händen,
rot von Früchten. Die Winter
flossen ins Licht.

Das ist vergangen.
Wir ließen die Dörfer dem Sande.
Kaum wie ein Flößerruf
zogen wir fort.

Folgend der Bitternis, legen
wir Holz zu den Feuern der Fremde,
wissen ein Lied noch: einst
blühte der Apfelbaum.

Wo denn
wollen wir bleiben?
Immer ist es die Erde,
der Grund, da wir liegen werden.
Die Kinder
finden das Dorf nicht.

Aber die Gärten, der Schilfstrich
am Strom – jenes Uferland Daubas –
gilbende Scheunen –
und das Gespann, das vom Wald kam –
der Habicht im leeren Blau –

noch verfärbts uns die Blicke.
So treten wir unter den Bogen
dieser Jahre. Und zählen
unsre Freuden der Erde zu. –

Fühlend das Blut in den Schläfen,
das Haar zu streichen den Töchtern,
abends sprichst du: Komm,
Liebste, du bleibst noch – so
sehn ich mich nicht.