Was ich befürchte und heute einen Moment lang als vermutlich wahr erachtete, ist, daß ich, sollte ich mich irgendwann [wieder] in eine Beziehung begeben, nicht minder anhänglich und nervig sein, nicht minder selbstbezweifelnd und sie-suchend, als ich es früher, einst, war. Ich befürchte, daß ich noch immer in stillen Momenten falsche Fragen in meine Sinne flüstere und mir noch falschere Antworten erdenke, befürchte anhänglich zu sein, fast so, als benötigte ich eine absolute, hundertprozentige Sicherheit [die es niemals geben kann], um mich zu beruhigen, ihr, die ich liebe, nicht zweifelnd hinterhersinnen zu müssen.
Ich befürchte, daß meine Anhänglichkeit, ja meine Angst, sie zu verlieren, mein Wunsch, ihr stetig und immer nahe zu sein, Dimensionen annehmen wird, die ich nicht wünsche, die sie vertreiben, sie abschrecken werden, befürchte, zu furchtsam zu sein, um auf lange Zeit attraktiv zu wirken, befürchte, durch die vermeintliche Intensität meiner Liebe gezwungen zu sein, die ihre immer wieder in Frage zu stellen.
Nicht weniger fürchte ich mich vor dem Erwachen, vor der Erkenntnis und vor der darauf folgenden Entschuldigung, vor den Beteuerungen, vor dem Wunsch nach Verzeihung, vor den daraus resultierenden zusätzlichen Aufmerksamkeiten und Liebenswürdigkeiten, die mich nicht nur ihrer Liebe versichern, sondern sie von der meinen überzeugen sollen, die – falls die vergangenen Aufdringlichkeiten nicht intensiv genug gewesen waren – das Gesuch nach Nähe wiederholen, steigern, vielleicht ins Unermeßliche, Unerträgliche. Ich befürchte gar, mich, sollte sich zeigen, daß meine Sorge vergebens, meine Sucht nach Nähe für sie erträglich gewesen war, in Entschuldigungen immenser Anzahl zu verlieren – und dadurch letztendlich doch einen Grund zu schaffen, der ein Verzeihen notwendig macht.
Derlei Gedanken besänftigte ich mit einem einzigen, bedeutsamen Satz, der vielleicht endlose Weisheit enthält, vielleicht jedoch unbedeutend wird – angesichts der unzähligen Möglichkeiten drohenden Verlusts:
„Sobald ich weiß, fühle, daß sie mich liebt, sobald ich spüre, ihr bedenkenlos vertrauen zu können, wird sich jede Aufdringlichkeit, jede Furcht verflüchtigen, als wäre derlei nur ein wehender Schatten, ein lächerlicher Traum, gewesen.“
Und vielleicht habe ich recht damit, mich mit diesen Worten zu trösten, bedarf es doch nur weniger versichernder Zeichen, um mich in vollkommenem Vertrauen aufzulösen. Doch was, wenn ich nicht recht behalte? Was, wenn sie nicht die Zeichen sendet, die ich erwarte, sondern andere, für die ich zu blind, zu verbohrt in mein eigenes, albernes Denken bin?
Was, wenn ich sie verliere, bloß weil ich befürchte, sie zu verlieren?
In diesen Augenblicken komme ich zu Besinnung und lächle gnädig über meine obigen Worte.
‚Es wird sich ergeben.‘, denke ich zuversichtlich, voller Vertrauen in die Zukunft, voller Vertrauen in sie, die irgendwann in mein innerstes Leben treten wird.
[Im Hintergrund: The Dresden Dolls – „The Dresden Dolls“]