an einem freitag spätnachmittag husche ich, müde und schlecht gelaunt, noch eilig in den discounter meines vertrauens.
nur schnell noch menschen-/katzenfutter, und wein für einen ruhigen abend mit den hoheiten und herzallerliebstem.
ach ja – und waschmittel.
und brötchen fürs hoffentlich besser gelaunte frühstück, morgen.
käse?
natürlich keinen euro klein – und der einkaufswagenchip trampt wahrscheinlich per anhalter durch die galaxis oder treibt sonst was und -wo, jedenfalls ist er nicht an seinem angestammten irgendwo-platz in linus‘ tape- und knöllchenüberfülltem handschuhfach.
sämtliche „könnten sie eventuell 2 euro wechseln“-versuche werden im keim und durch, mich in meiner missmutigkeit um längen schlagende, mitmenschen (pah!) erstickt.
„friday i’m in love“, schießen mir plötzlich „the cure“ durch den kopf und in diesem moment würde ich herrn robert smith gerne eins auf die eh schon rotverschmierte fresse hauen.
(so etwas passiert mir übrigens ausserordentlich selten.)
o.k. – dann eben ohne wagen.
rein ins verhasste getümmel und schon beim zusammenraffen der ersten produkte meines begehrs erhasche ich, augenwinklig, am ende des gangs: eine kleine frau, anscheinend wahllos andere menschen ansprechend, welche sich in diesem moment sofort fluchtartig von ihr entfernen.
„oh, nee – bloß keine muttchen, jetzt“, denke ich und schäme mich dabei ein bisschen, aber derzeitiger launestatus lässt einfach nichts anderes zu.
inzwischen habe ich beide arme fast voll mit geraffel meiner wahl und bin am ende des gangs angelangt:
bei muttchen.
muttchen hat kein schätzbares alter.
sie geht gebückt, als ob sie unter der last ihrer glasbausteinbrille schier zusammenbricht und möfft ein bisschen. – nach schweiss und voll ausgelasteter „tena lady“.
ihr haar ist dünn und fettig. sie selbst scheint recht mager, aber unter der viel zu warmen und schlecht sitzenden kleidung kann ich das nicht mit bestimmtheit ausmachen.
und dann bin ich auch schon dran:
„entschuu-uu-u-u-ldigu-u-ung?“, spricht sie mich an.
jetzt, mit dieser leisen, brüchigen stimme, erinnert sie mich an ein aus dem nest gefallenes vogelküken, das blind und verzweifelt nach seiner mutter ruft.
in diesem moment moment möchte ich dem kindchen-schema und dem helfer-komplex genauso eins auf die fresse hauen, wie herrn robert smith.
um uns herum gehen die mir bis dato nachfolgenden konsumenten sichtbar erleichtert ihren erledigungen nach.
„zum glück hat’se mich nicht erwischt“, denken wohl die meisten.
„schönen dank, ihr idioten.“, denke ich.
ich habe keinen bock. echt nicht.
muttchen ist jetzt wirklich das letzte, was ich brauche.
mit einem breit grinsenden – „tse – arme irre… wo ist die denn ausgebrochen…“ zieht ein überstylischer schnösel mit seinem schnösel-gegenstück (weiblich) beim anblick meines stinkenden, kleinen glasbausteinvögelchens an mir vorbei. (es ist ja übrigens grade wieder total „in“, „schnell nochmal“ bei aldi einzukaufen, aber auf die kö nimmt man die tüten anschließend immer noch nicht mit)
in ermangelung eines kragens knirsche ich nur mit den zähnen, statt ihn platzen zu lassen.
„entschuu-uu-u-u-ldigu-u-ung?“, piepst es wieder neben mir.
ich gebe auf.
„ja, was denn?“, frage ich das muttchen, dessen alter ich beim anblick ihrer über meinen katzenfutterbepackten arm lugenden augen nun überhaupt nicht mehr einschätzen kann.
sie seufzt erleichtert auf und piepsbrüchelt: „sha-a-aaampooo…?“
das shampoo steht direkt vor uns im regal. unten.
offensichtlich helfen die glasbausteine auch nicht mehr.
ich seufze ebenfalls, nehme, unter anwendung kunstvollster akrobatik, jeweils eine der drei shampoo-sorten aus dem regal und halte sie ihr hin: „shampoo? – hier: gegen schuppen – für normal und leicht fettend – für coloriert.“
mir ist die einzig mögliche antwort klar, doch muttchen schwankt erst noch bedächtig zwischen gegen schuppen und normal (das und leicht fettend lässt sie beschämt aus).
„nein. ich nehme doch das grüne: für normal!“, entscheidet sie sich schließlich doch und nimmt mir ganz vorsichtig ihre favorisierte flasche aus der hand, als wärs ein edelstein.
„prima.“, seufze ich und schmeiße die anderen packungen wieder zurück.
grade will ich „tja dann…“ sagen und weitergehen, als sie wieder ansetzt:
„entschuu-uu-u-u-ldigu-u-ung? … ist das da duuuschgee-ee-eel?“, piepst sie und zeigt auf die badezusätze in 1,5-liter-flaschen.
„nein.“, antworte ich. „das ist zum baden. – duschgel ist das hier.“ (ich zeige auf die flaschen direkt daneben.) „ich nehme immer das gelbe – das ist super für die haut.“
„jaaa?“, flüstert muttchen und: „dann ne-ee-e-eehm ich das auch.“
fast stolz greift sie nach der gelben flasche und klemmt sie sich unter den arm.
„schönen tag noch.“, wünsche ich ihr nun und muttchen lächelnd mich an, über ihre brille.
als hätten wir jetzt ein tolles geheimnis.
ich muss nun doch zurücklächeln und habe sie – mir den „die-tena-ist-voll“-möff wegdenkend – fast ein bisschen gern.
ziehe von dannen. – am schnösel vorbei, der grade mit gegenstück gartengeräte begutäugt, die rücken dekadent und abwertend zum toilettenpapier gedreht, das direkt gegenüber aufgebaut ist.
er lächelt mich an, während ich an ihm vorbeigehe. – mit diesem „tja, einer muss es ja machen“-blick, für den ich ihm… (aber das denkt ihr euch sicher schon).
keine minute später höre ich, betont unauffällig über die tiefkühltruhe gebeugt, wie muttchen den schnösel fragt:
„entschuu-uu-u-u-ldigu-u-ung?
daaamenbiii-i-i-inden? … e-e-e-xtra dick?“
fast glaube ich, dass sie mich, klammheimlich und über ihre glasbausteine hinweg, schelmisch anblinzelt, während sie sich bei ihm einhakt und ihn – mitsamt seiner schlagartig aufsteigenden gesichtsröte – richtung damen-hygiene-artikel zieht.
[„wasch.mittel.zart.bitter.“ entstammt der Feder der geschätzten Rebella und existiert auch als Audio-Variante.]