Als ich gestern die Bibliothek betrat und wie gewohnt zur Fantasy-Abteilung schlenderte, fiel mir auf, daß mein Interesse für derartige Literatur in den letzten Monaten stark nachgelassen hatte.
Früher durchforstete ich Woche für Woche die Bücherreihen nach fantastischen Werken, die mich ansprachen, mich begeistern konnten. Heute wage ich kaum einen Blick in die Richtung, gehe schnell weiter zu „höherwertigerer“ Literatur.
Bin ich zu alt geworden für diese Art der Schreibe?, frage ich mich verwundert und stelle erleichtert fest, daß dem nicht so sein kann, las ich doch unlängst den aktuellen Harry Potter, ein neues Werk von Wolfgang Hohlbein und Walter Moers „Die Stadt der Träumenden Bücher“.
Und doch weiß ich, daß die fantastischen Welten, die zwischen den Seiten aufgebaut werden, nicht länger das sind, was mich verlockt. Fast, als würde ich einen ehemals nahestehenden, doch längst entfremdeten Freund begrüßen, streife ich am Regal entlang, sehe mich schon auf dem Weg zu weltliterarischen Meisterwerken.
Aber dann erblicke ich ein Buch, das meine Aufmerksamkeit erregt, für einen Moment nur, doch lang genug, um meine Hände ausstrecken und zugreifen zu lassen. Ich überfliege den Klappentext und weiß schon jetzt, daß ich zwischen den Buichdeckeln nichts Neues finden werde; die alten Fantasy-Geschichten mit anderen Worten erzählt.
Unbeteiligt blättere ich im Buch herum, Papier raschelt, und meine Augen greifen hier und da einen Wortfetzen heraus. Ich rieche die Blätter, ihren typischen Duft, fühle mich erinnert an zahlreiche Geschichten, die noch immer in meinem Gedächtnis lauern, die mich bewegten, beeindruckten, aus der Wirklichkeit in eine angenehme, mitreißende Welt entführten, die fremd und bekannt zugleich war, die so oft ein sehnsüchtige Lächeln auf meine Lippen wandern ließ.
Ich spüre die Vergangenheit, die Verheißung, die von diesen bedruckten Seiten ausgeht, die Erinnerung daran, wie es war, mich von der fantsatischen Literatur einnehmen, verzehren zu lassen, und bin versucht, es erneut zu wagen, gewillt, dieses Buch nicht länger hier stehen zu lassen, meinen Unmut, mein Desinteresse zu überwinden und zwischen dem Papier eine Welt zu finden, die mich mit alter Begeisterung empfängt.
Ohne weiteres Zögern nehme ich das Buch an mich, leihe es aus und verlasse die Bibliothek.