Nicht ich?

Wenn ich schreiben könnte, was ich denke, wüßte ich, was ich meine.
Wenn ich schreiben könnte, was ich denke, wüßtest du, wer ich bin.

Ich kann es nicht, versuche es immer wieder, finde Worte, neue, alte, finde Wege, mich zu beschreiben, zu umschreiben, doch finde nirgendwo mich, nur einen Teil, einen Fetzen, dem Augenblick entrissen, einem Wunsch, einem Blick, einem Gefühl entleibt, abgetrieben, rausgerissen aus dem Geist, der mich dachte, der mich fühlte, der ich war, irgendwann.

Die Summe bildet kein Ganzes, bildet weniger, nur einen Hauch dessen, was ist, nur eine Idee dessen, was aus mir besteht.
Die Summe bildet kein Ganzes, bildet mehr, ein Meer aus Fragen, die mich, dich, zu überfluten drohen. Meine Sprache ist nicht meine Sprache ist nicht deine Sprache, fremde Vokabeln anderer Welten, die wir zu verstehen glauben und doch anderes bedeuten.

Vielleicht sollte ich schweigen. Vielleicht sollten meine Hände ruhen, wartend die Zeit unter den Fingernägeln bewahren, die Augenblicke in den Ausfluß gießen, als existierten sie nur in meinem Kopf, als bedürfe es nicht mehr, sich zu erinnern, das Innere nach außen zu tragen.

Doch die Worte quellen unter meinen geschlossenen Lidern hervor, brechen aus, umrahmen meine Welten, doch sehen sie nicht, krakeln wirre Silhouetten zu Boden, die du findest, aufnimmst und zu begreifen versuchst, die du findest und mit deinen eigenen Welten, deinen Gedanken, deinen Tränen schmückst, zurücksendest in meinen wirr quellenden Schädel, um Antworten zu suchen, die mir selbst verborgen bleiben.

Für einen Augenblick versuche ich zu erklären, mich zu erklären, zu klären, was ich dachte, fühlte, war; doch vermag es nicht. Der Moment verrannte in der Unendlichkeit des Vergangenen, und alles, was ich von ihm zurückbehielt, sind Silhouetten, Fragmente, konturenschwere Formen, die ich sein könnten, mich spiegeln, erklären könnten. Doch sie schweigen, senden falsche Signale, falsche Worte in den Äther, als höhnten sie hämisch deiner Verwunderung.

Und zuweilen sehe ich sie Lieder schreiben, Lichter, die über mich hinweg zu strahlen, mich in den Schatten eines größeren Ichs zu stellen vermögen, die Blicke und Zeilen auf sich ziehen, als wäre ich mir überlegen. Ein Lächeln findet mich, doch ich weiß, es gilt nicht mir, es gilt nicht meinem Kopf, nicht meinen Gedanken, nur dem strahlenden Schatten, nur dem Konstrukt meiner selbst, das in fließender Bewegung bezaubernde Blasen aus glitzernder Luft in die Sonnenstrahlen wirft. Ich sehe mir zu und trete Risse in den Spiegel, freue mich selbstverlustig meines Andersseins.

Als das Schweigen mich weckt, finde ich mich erneut. Die Worte kribbeln unter den Nägeln, suchen die Flucht, ein neues Werk zu beginnen, neue, alte Teile von mir durch Welten zu streuen, als bildeten sie irgendwann ein anderes, besseres, richtigeres Ich, als bedürfe es nur mehr und mehr von ihnen, um ihnen mein Leben zu schenken, um mit ihnen mich erklären zu können.

Ich sehe ihnen nach, sehe sie im Abendrot verschwinden, ein feines Gespinst fremdbekanntschöner Krakeleien, deren Stärke mich ängstigt und mit Stolz erfüllt, deren Sinn jedoch mir noch immer verborgen bleibt.

[Im Hintergrund: Gravenhurst – „Fires In Distant Buildings“]

Das fehlende Gesicht

Und immer wieder die gleichen Worte, die ich an die Leere richte:

Fang mich auf

Doch längst verlor ich das Gesicht des Wesens, das mich fangen, mich halten könnte, sollte, würde. Ich atme meine Angst gegen Spiegel und spüre die Zeit mich nach unten treiben, tiefer und tiefer hinein in den endlosen Fall. Die Wucht des kommenden Aufschlag wächst mit jeder welkenden Sekunde. Ich kann meinen Schrei ersticken hören, dort, in naher, ferner Zukunft, doch noch schreie ich, presse die verbleibende Luft aus meinen Lungen, als wäre sie Gift, das Gift des Alltags, das Gift des Lebens.

Der beschlagene Spiegel gibt nur zöglerlich mein Antlitz preis, schämt sich dessen, was er zu offenbaren hat, als ahnte er, daß ich mich in ihm nicht länger finden kann, das Wesen in seinem Inneren niemals werden wollte. Ich bin entsetzt von mir selbst, wende mich ab, als könnte ich es.

Fang mich auf

Die Worte schmelzen bereits auf meiern Zunge, verbreiten den bitteren Geschmack fehlender Auswege.

Fang mich auf

Die Leere schweigt.

[Im Hintergrund: Oomph! – „Wunschkind“]

FFFfF: Fred und der böse Zauberer

Voller Freude präsentiere ich heute den 50. „Fledermaus Fürst Frederick fon Flatter“-Comicstrip.

Als ich mit dem Zeichnen begann, dachte ich, daß es mir doch gar nicht so schwer fallen dürfte, ein Jahr lang täglich einen Comic zu zeichnen. Oder länger.
Doch nun, da ich die 50 erreicht habe, stelle ich fest, daß allein diese Zahl mich schon beeindruckt, obgleich Fred noch nicht einmal zwei Monate existiert.
Nichtsdestotrotz [Ich liebe dieses Wort.] bin ich guter Dinge, was die Zukunft dieses Comics angeht. Bisher hatte ich nie das Gefühl, ohne jegliche Idee dazustehen, nie das Gefühl, an meinen mir selbst auferlegten Anforderungen zu verzweifeln. Das gibt mir Mut und den Optimismus, der nötig ist, um guter Dinge weiterzumachen.

Und so.


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[Im Hintergrund: Dorn – „Schatten der Vergangenheit“]