Glück gibt es nicht. Dessen bin ich mir sicher.
Zumindest ist das Glück, das totale, unendliche, nicht greifbar, nicht findbar, inexistent. Ich glaube, daß Glück eine Sache ist, über die man sich nachträglich bewußt werden muß. Es fällt schwer, den Augenblick zu loben, weil er sofort wieder enteilt ist und dem Gedanken wich, daß der vergangene Augenblick womöglich voller Glück gewesen war. Leichter hat man es, will man die Vergangenheit betrachten und in ihr Dinge finden, die entzücken, berühren, die das innere Lächeln nach außen kehren.
Wenn ich mich selbst befrage, vermag ich nicht festzustellen, an diesem oder jenem Tag, in derundder Woche glücklich gewesen zu sein. Nein, ich fühlte mich glücklich, als der heiße, süße Pfefferminztee meine Kehle hinunterrann. Oder als ich neulich auf dem Bett lag und begriff, daß ich froh darüber bin, ich zu sein, hier, jetzt und für immer.
Die Suche nach dem totalen Glück, nach der Perfektion des Seins muß im Chaos enden. Schließlich ist die menschliche Natur so beschaffen, daß nur der Kontrast zweier Gegensätze die eine oder andere Seite begreiflich zu machen vermag. Gibt man sich ständigem Glück hin, verliert man das Gefühl dafür und vergißt gar den eigenen Zustand. Nebensächlichkeiten werden zu ungewollten Unglücken, die wiederum natürlich in der Lage sein können, die winzigen Höhepunkte auf der eigenen Glücksgebirgskette hervorzuheben.
Zum Glück bedarf es jedoch nicht zwangsläufig des Unglücks. Nein, selbiges ist nun einmal, was es ist, und wird schwerlich zu Glück führen. Für Glück bedarf es eines Selbstverständnisses, eines Blickes auf das eigene Sein und Wollen. Die Perfektion liegt nicht im groben Großen, sondern im Detail, in den Winzigkeiten, die Freude bereiten, in den unbemerkten Nebensächlichkeiten, die letztendlich aber mehr bedeuten als alles andere.
Zum Glück bedarf es der Gabe des Sehens, der Selbstreflexion. Schon sich selbst sagen zu können – und oft geschieht das mit einem fragenden Unterton des Erstaunens – „Mir geht es gut.“, vermag auszureichen, um für einen Moment Glück zu finden.
Blicke ich auf mein Leben, entdecke ich Unzulänglichkeiten und Unfreuden in großen Mengen. Doch horche ich in mich hinein, spüre ich, daß irgendwie der Moment richtig und gut ist, daß ich mich wohl fühle mit dem, was ist. Ich sehe, daß die Zukunft sich nicht in ursprünglich gewünschte Richtungen bewegt, daß mein Weg durch Welten führt, die ich nicht immer zu begehen wünschte. Doch ich finde mich damit ab und harre vorfreudig der Dinge, die mich erwarten.
Mir geht es gut.
Und, ja, ich bin glücklich.
Hier und jetzt.
[Im Hintergrund: Dornenreich – „Hexenwind“]