Tageswort Nr. 42: Beistrich

Das Wort des heutigen Tages sei Beistrich.

Ich hörte, nein: las, heute zum ersten Mal davon und lernte, daß „Beistrich“ ein österreichisches Wort für „Komma“ ist. Da ich mir „Komma“ nicht herleiten kann und „Beistrich“ klingt wie ein verkürzter, also sehr kurzer, also kommaförmiger, also beistrichiger, Bleistriftstrich, entscheide ich hiermit, „Beistrich“ mehr zu mögen als „Komma“. Die Assoziationen zu „Beischlaf“ verdränge ich großzügigerweise, ebenso die Frage, warum der „Beistrich“ dieses „bei“ in sich trägt, also wozu gehört, neben welchem Dingens er stehen muß…

Geschmacksfragen

Irgendwo las ich den Satz „Ich liebe Kunst.“ und führte ein gedankliches Argh!!! aus. Andere lieben Bücher. Oder Musik. Das ist genauso schlimm. Allein diese verallgemeinernde Ungenauigkeit falsifiziert die eigene Aussage. Wer imstande ist, etwas zu mögen, sollte sich doch präziser ausdrücken können.

Würde ich derart allgemein formulieren, müßte ich schreiben, daß ich Kunst mag und scheiße finde, daß ich Bücher liebe und verachte, daß ich Musik liebe und meide. Ergibt nicht viel Sinn, oder? Ein bißchen Differenzierung könnte da weiterhelfen.

Vielleicht habe ich zuviele MTV-Sinnlossendungen gesehen oder zu häufig in Boulevardmagazinen geblättert, in denen derartige Aussagen zu finden sind; doch ich kann nicht daran glauben, daß zwei Partner nur allein deswegen zusammenpassen müssen, weil sie beide Musik mögen.

„Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?“
„Ach, das war damals, im Plattenladen. Ich hatte mir gerade das neue Nargaroth-Album gekauft, also das, wo der Typ wie ein kranker Psychopath rumkreischt und -grölt, da sah ich sie in der Gegend rumstehen: Mannomann, dachte ich mir, die steht in einem Plattenladen rum. Die muß Musik mögen. – Und schwupps war ich verliebt.“
„Und? Mochte sie deine Nargaroth-Platte?“
„Nee, sie hat mir sofort gesagt, ich solle meinen verschissenen Scheiß ausmachen und übertönte die kreischenden Gitarren mit widerlichen Hiphop-Bässen. Aber sowas schweißt ja auch irgendwie zusammen, oder?“
„Äh…“
„Naja, außerdem mögen wir ja beide Kunst…

Tageswort Nr. 41: Cityfant

Das Wort des heutigen Tages fand ich nicht selbst, doch finde es derart entzückend, daß ich es mir frecherweise einheimste. Nun stehe ich hier und prahle damit, mal wieder ein bezauberndes Tageswort entdeckt zu haben, obgleich ich wenig dazu beitrug – außer der Lektüre einer Mail, die eben jenes Wort nicht nur beinhaltete, sondern gar als Betreff trug.

Dank gilt also der wundertollen Lily, die offenen Auges durch Magdeburg wandelte und dort einer Straßenreinigungsmaschine, die tatsächlich Cityfant hieß, begegnete. Internetrecherchen ergaben, daß in mehreren Städten Cityfanten durch die Straßen wuseln – und allein diese Vorstellung finde ich knuffig.

Wer auch immer sich das Wort erdachte und so frei war, eine Kehrmaschine damit zu bestückend: Merci.

[Im Hintergrund: The Dresden Dolls]

Tageswort Nr. 40: Schuhfladen

Das Wort des gestrigen Tages war Schuhfladen.

Erst nachdem ich es niedergeschrobt hatte, fiel mir ein, worum es sich handelte:
Ein Schuhfladen ist ein Kuhfladen, dessen einziger Existenzzweck darin besteht, rasch unter wandernde Schuhe zu huschen und deren Besitzer somit mit Widerlichkeit zu bestücken.
Schuhfladen sind groß genug, um notfalls auch zwei Schuhen Platz zu bieten, und tief genug, um in den Schuh hineinschwappen zu können. Daß Schuhfladen ewig frisch bleiben, bedarf keiner Erwähnung.

Morgendlicher Ohrwurm 43: Glass Slipper

Der heutige Ohrwurm beim Erwachen war „Glass Slipper“ von The Dresden Dolls. Das ist wenig verwunderlich, da ich mir diesen Titel zusammen mit anderen desselben Interpreten in den letzten Tagen häufiger zu Gemüte führte. Aber da dieser Song wunderschöner Natur ist, soll er hier erwähnt und ausschnittweise zitiert werden:

„how many wishes do i still have left to fix the way it ends
how many princes will it take to put a girl like this back together again
how many instances can you point out where i was less than kind
how many happy endings do you need to change your fucking mind
and how much time do we have left before it’s midnight and
you see that i was never the right size?“
The Dresden Dolls – „Glass Slipper“

FFFfF: Schon wieder

Und tatsächlich: Es gibt ihn! Der vierte Teil des begeisternswerten Fred-Comic-Mehrteilers wuselt heran und zelebriert sich selbst: Schließlich ist der heutige Comic der 450te!

Als Dank für eure Treue und weil ihr immer brav gewesen seid, gibt es morgen noch einen fünften Weihnachtsbaum-Comic…

Außedem gibt es ja heute schon das 13. Türchen.

Und so.


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Ich und mein Kühlschrank

In meinen vier Wänden, deren Anzahl allerdings zugegebenermaßen größer als vier ist, befindet sich innerhalb eines Küchenimitats ein technisches Gerät, das imstande ist, mir vorzugaukeln, es sei ein Kühlschrank. Die Gaukelei beschränkt sich jedoch auf Äußerlichkeit, denn sobald ich die Gerätetür öffne, bemerke ich, daß der nicht nur von mir als Kühlschrank klassifizierte Kasten kein solcher ist. Denn er kühlt nicht; er gefriert.

Das Zusammenleben mit dem gefrierenden Kühlschrank erwies sich als außerordentlich überraschungsintensiv. Es verging kein Tag, an dem ich mich nicht mit Fragen bestückte, wie denn meine Nahrungsaufnahme beschaffen sein könnte, wo doch bedeutende Teile meiner Vorräte Eisklumpenzustände annahmen und diese in den wenigen bis zum Aufbruch verbleibenden Minuten nicht zugunsten ihres Nahrungsmittelnormalzustandes aufgaben.

Der vereisende Kühlschrank erwies sich als perfektes Streßkompensationstraining. Da es wenig nützte, ihn mittel wüster Beschimpfungen zu kühlschrankiger Tätigkeit zu animieren, versuchte ich es mit Ruhe. Und mit Planung. Denn eines lernte ich recht schnell: Es empfiehlt sich, die kommenden Mahlzeiten genaustens zu planen – und nach Möglichkeit stets eine unfrostbare Reserve bereitzuhalten.

Der Versuch, den Eisschrank hin und wieder abzuschalten, um letztlich eine Art Kühlmittelwert zu erhalten, gebar weiteren Frust: Der entsprechende Stecker verbarg sich selbstverständlich hinter einer unverrückbaren Regalwand.

Die abschaltbare Sicherung wurde mein Freund, der jedoch alsbald verteufelt wurde, weil er mir auch die Küchenbeleuchtung raubte und mich vor die Entscheidung stellte, meine Nahrungsmittel gefrieren zu lassen oder diese im Dunkeln zuzubereiten. Zusätzlich erweiterte ich mein keimendes Planungstalent: Gefriergut, dessen Eiskaltzustand vorher dauerhaft beibehalten werden konnte, neigte nun durch die zeitweise Abschaltung dazu, geringeren Haltbarkeiten zuzustreben. Auch andere Nahrungsmittel wie Eier oder Milch vertrugen den Wechsel zwischen Frost und Frostpause weniger gut als erwartet, so daß ich beim Einkauf zusätzlich organisiert überdenken mußte, welche Nahrung sich ohne Kühlung wie lange halten würde und welche Speise somit an welchem Tag zu verzehren sei.

Dennoch verzichtete ich nicht auf die Vereisung. Den Versuch, eine manuelle Möglichkeit zu finden, den grauen Kasten zu kühlschrankähnlichem Verhalten zu bewegen, gab ich bald auf. Offensichtlich agierte mein gerätiger Mitbewohner nur binär: Frost oder kein Frost.
Ich beschloß, Technik mit Technik zu bekämpfen [„Fight fire with fire.“ wäre angesichts der Kühlsituation wohl kaum ein passender Spruch gewesen…] und erwarb eine Zeitschaltuhr. Selbige sollte mir helfen, nach ein paar Tagen Rumprobierens den richtigen Ein- und Ausschaltrhythmus auszuklügeln, der vonnöten war, um den Kühlschrank auch tatsächlich als einen solchen bezeichnen zu dürfen.

Der Umbau war kein leichter. Ich kippte das Küchenregal an, zerrte den Kühlschrankstecker hervor, ersetzte ihn durch eine Verlängerungsschnur, in welche ich die Zeitschaltuhr stopfte, die wiederum den Kühlschrankstecker beherbergen sollte. Mir wurde zugetragen, ein solches Zeitschaltuhrgeschalte würde den Kühlschrank zerstören. Ich lachte angesichts der Vorstellung, wie der Kasten den in kaputtem Zustand arbeiten würde. Würde er etwa meien Nahrungsmittelreerven gefrieren? Ich zitterte vor Angst. Vermutlich würde er einfach jedes Agieren beenden – was angesichts der aufgrund des nahenden Winters und der mangelhaft en Dämmung in meienr Wohnung herrschenden Temperaturen wenig bedeutsam wäre.

Drei Wochen lang fuhr ich nun fort mit meinem kühlschrankdestruierenden Tun, programmierte die Zeitschaltuhr, progammierte sie immer wieder um – doch kam zu keinem befriedigenden Ergebnis. Bis heute ist es mir nicht gelungen, dem Kühlschrank eine Funktion abzutrotzen, die seiner Art entspricht, bis heute kenne ich nur frostige oder warme Kühlschrankinnereien.

Und dann, heute morgen, kam mir ein Gedanke in den Sinn. Womöglich war nicht nur der Kühlschrank defekt. Womöglich funktionierte die zeitschaltuhr gar nicht, hatte es vielleicht nie getan. Vielleicht hatte sich der kühlschrankige Fehler gar auf die Zeitschaltuhr übertragen und drohte nun mein sämtliches technisches Gerät zu verseuchen. Ein Virus?
Wollen die Maschinen die Weltherrschaft übernehmen, nur noch ihrem eigenen Willen genügen?

Ich fühle mich bedroht. Kühlschrank und Zeitschaltuhr hecken einen Plan aus. Doch ich werde das zu verhindern wiss