K.O.O.K.

Zur Herkunft des Wortes „okay“ bzw „O.K.“ gibt es unterschiedliche Thesen. Allein das von mir mit stetem Mißtrauen betrachtete wikipedia gibt fünf verschiedene Möglichkeiten an; mein etymologisches Wörterbuch liefert zwei weitere. Sei es aus dem Westafrikanischen oder dem Indianischen kommend, sei es die Abkürzung für „Old Kinderhook“ oder für „Otto Kaiser“, einem Mitarbeiter der Ford-Werke, wir alle sind uns einig, daß „O.K.“ so ausgesprochen werden sollte, als lese ein Englischsprachiger die beiden Buchstaben seines Alphabets vor.

Die Frage, die sich mir stellte, war aber, warum man bei „O.K.“ auf der englischen Orientierung beharrt [niemand käme auf die Idee, das wortähnliche Gebilde wie ein „Oh-Kaij“ auszusprechen], aber „k.o.“ in das Deutsche integrierte.

Schließlich werden bei „k.o.“ die beiden Buchstaben so ausgesprochen, wie man es vom deutschen, nicht vom englischen oder amerikanischen, Alphabet gewöhnt ist. Allerdings ist die Herkunft dieses Kürzels eindeutig, steht es doch ursprünglich für das dem Boxsport entlehnte „knocked out“, also für einen wahrlich englischsprachigen Begriff.

Wäre ich also vermessen genug, anstelle von „Ka-Oh“ ein dem Original entsprechendes „Käij-Oh“ zu artikulieren, würde ich mit verständnislosen, ja vielleicht gar mißtrauischen Blicken beäugt und von Sprachliebhabern als „Deutschverachter“ und „Antinationalist“ beschimpft werden und womöglich auf deutscheste Art und Weise k.o. geschlagen werden.

Das mißfiele mir, weswegen ich wohl meine kritische Klappe halten werde.

Behind The Mirror

Da ich gerade amüsierter Laune bin, erzähle ich mal eben einen Schwank aus meiner Jugend.

Es begab sich in meinem letzten Schuljahr, daß unsere Klasse beschloß, eine Abschlußfahrt zu organisieren und durchzuführen. Tatsächlich landeten wir dann inmitten einer dieser spanischen Pseudostädte, die nur für alberne, trinkwillige, diskowütige, sonnenglutheischende, zahlungswillige Touristen aus dem spanischen Boden gestampft worden waren; in einer der Städte, in deren Namen immer ein doppeltes L vorkommen muß, das man dann ur-katalanisch wie ein J zu artikulieren [siehe auch Mallorca] hat, und die immer an irgendeiner sinnbefreit betitelten Küste herumliegen: Weiße Küste, Wilde Küste, Sonnenküste, …

Unser Hotel war nicht das schönste, aber vermutlich noch bessere Wahl in Anbetracht der Alternativen. Selbst das Bordell direkt gegenüber schreckte uns nicht ab [schmutziges Grinsen auf meinen Lippen]. Ich lernte meine erste große Liebe kennen, und die Welt schien in Ordnung. Doch dann…

[spannungsheischende Pause]

Eines Nachmittags duschte ich mich in der Badewanne. Mein damals noch funktionstüchtiger Walkman hatte ganze Arbeit geleistet und mir ein wunderschönes Würmchen ins Ohr gesetzt: Blind Guardian mit „Lost In The Twilight Hall“. Mit dem Wissen bestückt, allein im Hotelzimmer zu sein, trällerte ich fröhlich eben erwähntes Lied vor mich hin, in dem eine durchaus bedeutsame und stetig wiederkehrende Zeile lautete:

„Look behind the mirror…“

Nachdem ich eben jene Zeile mehrmals über meine Lippen perlen lassen hatte, wurde ich mir ihres Inhalts bewußt. „Sieh hinter den Spiegel…“. Neugierig schaute ich in den Spiegel und versuchte herauszufinden, ob sich irgendetwas dahinter zu verbergen vermochte. Ich hatte genug Fantasy-Romane gelesen, um daran zu glauben, etwas finden zu können. Doch ich fand nichts.
Aber halt! War nicht die Rede von „hinter den Spiegel“ gewesen?

Vorsichtig löste ich den Spiegel aus seiner Halterung. Wer wußte denn, welche Schätze dahinter verborgen waren, welche Geheimnisse ich nun entdeckte?
In einem unbedachten Augenblick glitt mir der Spiegel aus der feuchten rechten Hand und knallte auf das Keramikboard, auf dem meine Zahnbüste stationiert war. Ein Blitz zuckte durchs Glas und manifestierte sich: Von oben links bis unten rechts war der angeblich geheimnisvolle Spiegel von einem riesigen Riß durchzogen, den zu verbergen mir schwerfallen würde.

Am nächsten Tag hatte die Putzfrau die Riß-Information an ihren Chef weitergegeben, dieser sich an irgendeinen meiner Lehrer gewandt, der wiederum mir ankündigte, ich hätte den lächerlichen Betrag von 20 DM für diesen Schaden aufzuwenden.

Ich zuckte mit den Schultern. Es war mir egal, berührte mich nicht. Denn mit dem Spiegel hatte auch meine Traumwelt einen Riß bekommen: Hinter dem Spiegel befand sich nur die nackte, häßlich-graue Wand.

Buchrückseitendruckrichtungsstandard

Heute durfte ich mich mal wieder wundern. Besonnen lag ich auf meiner Matratze und studierte die mir zugewandten Buchrücken in dem dafür vorgesehenen Regal. Und was fiel mir auf?

In einem Land, wo jedes Detail der menschlichen Existenz, jedes Produkt, jeder Service, mit einzuhaltenden und regelmäßig kontrollierten Normen und unabänderlichen Standards versehen wird, gibt es scheinbar keine einheitliche Regelung für die Anordnung des Schriftzugs auf dem Buchrücken.

Ich gebe zu, daß eine Tendenz deutlich spürbar ist: Die meisten Buchtitel sind mit nach links geneigtem Kopf lesbar, also mit Leserichtung von unten nach oben entlang des Buchrückens. Doch immer wieder treffe ich Ausnahmen an: Salman Rushdie „Die Satanischen Verse“ [Knaur], diverse Werke Terry Pratchetts [Goldmann] oder gar Tolkiens „Der Herr der Ringe“ [Klett-Cotta].

Auffällig dabei ist, daß es Verlage gibt, die ihre eigenen Bücher mal „links herum“ und mal „rechts herum“ bedrucken, Goldmann zum Beispiel. Da stellt sich mir doch die Frage nach dem Grund. Schließlich muß man so aufgrund der fehlenden Standardisierung bei längeren Bücherreihen wie ein alberner Wackeldackel den Kopf nach links und rechts auf die Schulter werfen, um lesen zu können, wer Autor ist und wie der Buchtitel lautet.

Doch dieses Phänomen macht auch vor anderen Medien nicht halt. Ich gebe zu, mir fällt gerade nur eine CD ein, deren Randbeschriftung „falschrum“ angeordnet ist: The Bates mit „Psycho Junior“. Das stelle ich immer wieder fest, wenn ich das Werk zurück in den CD-Ständer schieben will, dann aber bemerke, daß die Schrift nur kopfüber lesbar ist.

Aber DVDs gesellen sich scheinbar gern zu den Büchern, zumindest, was die uneindeutige Anordnung der Rückenschrift betrifft. Auch hier überwiegt der „von-unten-nach-oben“-Stil, doch bilden beispielsweise „Lost Highway“ und „The Crow“ nicht zu vernachlässigende Ausnahmen.

Deshalb fordere ich jetzt hier an dieser Stelle die Einführung eines Deutschen Buchrückseitendruckrichtungsstandards [zuzüglich ähnlicher Normierung für CDs, DVDs undsoweiterundsofort] !!!

Das ist es, worauf Deutschland gewartet hat!
Das ist es, was uns voranbringen wird!
Das ist es, was uns alle glücklich macht!

Der Deutsche Buchrückseitendruckrichtungsstandard!

P.S: Mir fällt gerade auf, daß die vor wenigen Stunden gekaufte und eben erwähnte CD der von mir sehr gschätzten Musikgruppe Draconian sich zu dem bereit genannten Bates-Album gesellen darf, ist doch auch hier die Schrift falsch angeordnet. Welch amüsante Begebenheit…

Ballon

Wie ein aufgelähter Ballon fühlt sich mein Schädel an. Wenige Minuten vor der mich ängstigenden Prüfung wandle ich durch meine Räumlichkeiten und versuche, mich von allem abzulenken, was mit dem Gelernten oder zu Lernendem zusammenhängt. Ich habe das Gefühl, als würde das Wissen im meinem Schädel diesen vollends ausfüllen, ja die äußere Hülle unmerklich dehnen. Leichte Kopfschmerzen kündigen sich an, nicht zuletzt weil das Gelernte über eine erstaunliche hohe Masse verfügt. Masse hat jedoch nichts mit Menge zu tun, sondern einzig und allein damit, daß ich mich fühle, als müßte ich, würde ich dem steten Drängen nachgeben, kopfüber die die Gegend laufen. Das jedoch fällt mir schwer, weswegen ich darauf verzichte.

Ich verzichte auch darauf, den Stoff noch einmal zu resümieren, noch einmal ein paar Bilder anzusehen und einprägen zu wollen, ich verzichte darauf, in mir nachzuschauen, ob das, was ich wissen sollte, auch tatsächlich vorhanden ist. Nicht allein, weil ich Angst davor habe, nichts finden zu können, nicht nur, weil ich wohl auch mit größter Mühe keine zusätzlichen Fakten aufnehmen könnte. Nein, mein tatsächliches Anliegen besteht darin, kein Leck in meinem aufgeblähten Schädel entstehen zu lassen. Taste ich erst einmal nach einem wissensorientierten Gedanken, trudeln sogleich unzählige weitere hinterher, sprudeln aus mir heraus und lassen vielleicht nur Leere zurück. Das will ich nicht. Davor fürchte ich mich. Ich verschließe meinen Mund, verschließe mein Denken, dichte alles ab, was das Wissen aus meinem bald platzenden Schädel entweichen lassen könnte.

Und erst dann, wenn alles vorüber ist, werde ich meinen Ballonkopf mit Löchern bestücken und feststellen, daß alles, was herausquillt, nur heiße Luft ist.

Hosenstall

Soeben stellte sich mir die Frage, warum es Menschen zuweilen so schwer fällt, einfach mal den Mund aufzumachen, um das auszusprechen, was in ihrem eigenen Empfinden als unangenehm gewertet wird. Die zweite Frage, die mit ersterer einhergeht, ist die, warum immer wieder festzustellen ist, daß die Gedanken eines Menschen nur vom jetzigen Augenblick bis zur Gegenwart reichen und mögliche Folgen nicht in Betracht gezogen bzw gekonnt ignorieren werden.

Große Worte für einen eigentlich nichtigen Umstand: In Anbetracht dessen, daß ich die letzten Tage verstärkt für zeitraubende Lernaktivitäten nutzte und somit Ordnung und akzeptablen oder gar gesunden Lebenswandel ein wenig vernachlässigte, fiel mir erst am gestrigen Abend auf, daß ich mal wieder versäumt hatte, meine unsauberen Kleidungsstücke dem entsprechenden Gerät zur Reinigung zu vermachen, um sie anschließend auf einem zusammenklappbaren und immer wieder unfreiwillig zusammenklappenden Wäschetrockner aufzureihen und in Ermangelung von Alternativen in der Mitte meines Zimmers zu plazieren.

Unglücklicherweise hatte diese Nachlässigkeit zur Folge, daß mir heute morgen nichts anderes als eine Badehose verblieb, die ich als Slip-Ersatz [Das Wort „Unterhose“, das ich an dieser Stelle eigentlich verwenden wollte, ist nach Meinung meines Mitbewohners für jene Stoffetzen reserviert, die man in winterlicher Kälte ÜBER dem Slip UNTER der Hose trägt, damit die unteren Körperregionen nicht auskühlen und funktionstüchtig bleiben.] auszuwählen hatte. Resignierend gab ich mir dieser Schicksalsfügung hin, vergaß aber nicht, noch schnell die Waschmaschine zu beladen.

Im Laufe des heutigen Vormittags jedoch verweilte ich mal auf jener Örtlichkeit, die als Abort bezeichnet werden kann [Ich finde diese Bezeichnung recht interessant, nutze sie aber eigentlich nicht — außer wenn ich mal wieder in einen stupiden Text ein skurriles Wort einzuflechten wünsche…], was mit sich brachte, daß ich neben dem Hosenknopf zwangsläufig auch meinen Hosenstall [Na, wenn das kein albernes Wort ist!] öffnen und nach verrichteten Dingen wieder zu schließen hatte. Bei erwähntem Hosenstall handelt es sich übrigens um ein mit Knöpfen versehenens Exemplar.

In den nächsten Stunden hielt ich mich vorwiegend in meinen Räumlichkeiten auf, doch begab mich auch hinaus, traf andere Menschen, die ich zwar flüchtig, aber nicht sonderlich gut kannte. Ja, ich hatte sogar vor, eine Einkaufslokalität aufzuschen, mich in das Getümmel wildfremder Kauforgiasten zu stürzen und einer genervten Kassiererin zu kleines Münzgeld für die von mir erworbenen Lebens- und Grundnahrungsmittel [Zu Letzteren gehört eindeutig Schokoladiges.] zu reichen.

Doch dann fiel es mir auf: aus meinem Hosenstall ragte ein Strick heraus, der ziemlich lächerlich anzusehen war, ja Assoziationen weckte, die bei männlichen Wesen an dieser Stelle relativ eindeutig sind und die Lächerlichkeit der Situation noch betonten.

Der Strick gehörte zu meiner verschnürbaren Badehose und hatte sich versehentlich beim Schließen des Hosenstalls zwischen die Knöpfe gemogelt, um nun seit Stunden aus meiner Hose vorne herauszuhängen und mich nach Erkenntnis dieser Unzierde mit Scham zu belegen.

Glücklicherweise war es mir egal, hatte ich meine Einkäufe noch nicht erledigt, war ich doch noch nicht allzu vielen Menschen begegnet. Aber fraglich blieb, warum niemand von denen, die ich getroffen hatte, mich auf diese durchaus auffällige Strick-Lächerlichkeit aufmerksam gemacht hatte. Schämten sie sich, mich darauf hinzuweisen? Wollten sie mich einfach nur nicht bloßstellen? Dachten sie nicht einen Augenblick weiter, daran, daß ich in meiner Unkenntnis über diesen Mißstand gezwungen war, weiterhin mit einem blamablen, aus dem Hosenstall hervorlugenden Strick herumzulaufen?

Ich weiß es nicht, befragte mich selbst: Würde ich einen anderen Menschen, egal ob fremd oder nicht, beispielsweise dezent darauf aufmerksam machen, daß sein/ihr Hosenstall offen ist und Einblicke in intimere Bereiche ermöglicht? JA, ich würde! Jederzeit!

Warum also läßt man mich rumrennen wie einen albernen Kasper, der unfähig zu sein scheint, sich auch nur einigermaßen vernünftig zu bekleiden? Es ist mir ein Rätsel.

Wow.

Beeindruckt von mir selbst ringe ich mir ein ungläubiges „Wow.“ ab, das – nicht zuletzt aufgrund dessen, daß ich jenes Wortimitat äußerst selten zu benutzen pflege – wohl staunender aber auch selbstverachtender Natur frönt.

Die Schwierigkeit am menschlichen Handeln liegt vermutlich im „Müssen“, zumindest, wenn ich derartige Behauptung einmal konkretisieren darf, bei mir. Schließlich weist mein Denken und Handeln durchaus die Existenz des bedrängenden, ja fast schon vordergründigen Wissens um die Notwendigkeit des prüfungsvorbeireitenden Lernens auf, doch wird zur gleichen Zeit mit erstaunlich machtvoller Intensität mit dem Wunsch erfüllt, eben jenes Lernen durch sinnbefreite Ablenkungsstrategien zu verdrängen und mich somit von einer stetig schwerer werdenden Last zu befreien. Daß diese Last durch derlei albernes Herumgekasper, wie ich es seit Wochen immer wieder zu praktizieren pflege, nicht abnimmt, ist nicht nur erwartbar, sondern auch noch unerträglich und drängt folgerichtig zu weiteren Manövern ähnlicher Art. Erstaunlich, wie viele Dinge man bereinigen, abwaschen, aufräumen, lesen, essen, einkaufen, denken oder einfach nur malträtieren kann und wie befreiend diese Tätigkeiten im Augenblick wirken.

Natürlich hat jedes Vergnügen seine Schattenseite, und das obligatorische Kater-Synonym [Ich meine nicht den maskulinen Vertreter einer krallig-wuschlige Haustiergattung, sondern den durch Alkoholexzeß zwangsläufig erwirkten…] weiß alsbald mittels eines schlechten Gewissens auf sich aufmerksam zu machen. Ungläubig beobachte ich mich selbst, wie ich von mir selbst vorgegebene Lernziele regelmäßig minimiere und dem anwachsenden Druck auf immer neue Art auszuweichen verstehe. Derlei Unglaube äußert sich tatsächlich zuweilen in oben erwähntem Unwort, insbesondere da ich nicht weiß, ob ich das jetzt gutzuheißen oder zu verachten habe.
‚Gutheißen?‘, höre ich eine schimpfende Stimme aus dem inexistenten Publikum fragen, ‚Was gibt es an Faulheit gutzuheißen?‘

Nichts, natürlich. Außer man stellt fest, daß es gerade jene Faulheit ist, die das letzte Vergnügen in dem ansonsten recht einsiedlerisch-trübseligen Leben eines Prüfungsvorbereitenden darstellt und zuweilen ein winziges Lächeln des Genusses auf die – die bereits eingeprägten Wörter und Formeln murmelnden – Lippen des Gestreßten klebt.

Getreßt? Nun ja, nicht wirklich. Immerhin kann ich mir selbst voller Freude eingestehen, daß der Druck im Hinterkopf zwar immens ist, doch richtiger Streß noch keine Chance bekam, sich in meinem Dasein auszubreiten. Schließlich wäre ein solcher wohl wenig produktiv, gäbe er mir doch zusätzliche Gründe, den Zwängen zu entfliehen und mich mit scheinar Besserem, aber zumeist völlig Nutzlosen und Überflüssigem abzulenken.

Und genau darin liegt die Schwierigkeit des „Müssen“: In der Zeit, die ich für Pflicht und Zwang opfere, wäre es mir sicherlich möglich, unglaublich viel Wunderschönes zu schaffen, nicht nur mir, sondern auch anderen zahllose Freuden zu bereiten und das Leben als solches mit Genuß zu erleben. Vermutlich gar wäre ich zum Arbeiten [keine körperliche Arbeit im speziellen, sondern „nur“ Arbeiten im allgemeinen] fähig, zu Nützlichem, Voranbringendem, das zwar Mühen kostet und Schweiß fordert, doch mir das Gefühl schenken kann, etwas vollbracht zu haben. Doch derlei Dingen zu frönen, ist als verwerflich zu erachten, ja zu ächten. Schließlich gibt es Zwänge, die darauf warten, mit [leider recht mißmutigem] Fleiß und [krampfhaft zusammengeklaubtem] Eifer befüllt zu werden.

Kurz: Ich schaffe und erreiche nichts von dem, was ich für wichtig erachte, weil ich mich mit dem zu beschäftigen habe, was wohl – im Sinne einer zukunftsorientieren Handlungsweise – wichtig IST.

Problematisch wird der bereits erwähnte Umstand, daß selbst das zu Tuende nicht getan wird, daß ich mich vom Nötigen abhalte und anhaltender Sinnlosigkeiten fröne. Ich könnte mich dafür verachten, doch fehlt mir dazu der Wille, habe ich doch längst begriffen, daß ich niemals imstande sein werde, mein Augenmerk auf nur ein einziges, alles entscheidendes Detail meines Daseins zu richten und mich mit diesem zu befassen, bis das nächste der endlosen Warteschlange zu mir herantritt und mich fordert. Nein, ich weiß, daß ich wohl gar nicht anders vermag, als immer wieder dem Unangenehmen auszuweichen und das Angenehme zu suchen, das meine Momente mit Freude füllt und für einen mehr oder minder kurzen Zeitraum das Grau des Müssens zu vernachlässigen weiß.

Beinndruckend empfinde ich im übrigen den Umstand, daß es mir soeben mit obigen Worten gelang, mich mit einer gewissen Motivation zu bestücken, die wohl keine allzu große Lebensdauer haben wird, aber immerhin ausreicht, um mich mit ausreichend großer Euphorie in das zu Erledigende zu begeben [Ich woltle eigentlich „stürzen“ schreiben, doch halte ich derartige Ausdrucksweise in Anbetracht meines tatsächlich vorhandenen Willens für maßlos übertrieben.].

Alles Machbare ist machbar – und vermutlich noch mehr.

groß

In Anbetracht dessen, daß es sich immer mehr als üblich erweist, die deutsche Sprache nicht nur mit Anglizismen und Verkrüppelungen unangenehmster Art zu entstellen, sondern auch die gewohnten Regeln der Groß- und Kleinschreibung zU m1sSachT3n, habe ich mich Eigenreflexion unterzogen, die Folgendes ergab:

Ich halte mir für durchaus fähig, Grammatik und Orthographie in ausreichend korrektem Maße zu frönen, bin mir über die Unterschiede zwischen „daß“ und „das“ im Klaren und neige auch dazu, den erweiterten Infinitiv mit „zu“ mittels eines entsprechenden Zeichens vom Rest des Satzes abzugrenzen. Benutze ich jedoch eine Tastatur, beginne ich, die Umschalttaste mit gebührender Ignoranz zu belegen, somit also Fehler aus Prinzip zu begehen.

Einst [und es ist tatsächlich schon eine geraume Weile her] hielt ich das Weglassen von Großbuchstaben für eine wesentliche Vereinfachung der eigenen Schreibe, für den richtigen Weg, sich auf Papier oder dessen digitalem Äquivalent auszudrücken. Ich vernachlässigte meinen Wunsch nach Perfektion und frönte einer Miniaturrebellion — denn damals empfand ich es tatsächlich als eine solche [nicht zuletzt, weil auch die im Englischen ja noch hervorgehobene Bedeutng von Eigenenamen dadurch endgültig deklassifiziert werden konnte]. Dafür war ich sogar bereit, die Problematik zu verachlässigen, daß man, wenn alle Worte mit kleinen Buchstaben beginnen, zuweilen Satzzeichen ignoriert und dadurch bei der Lektüre emfpindlich gestört wird.

Ich gelangte zu der Ansicht, daß Menschen, die fähig sind, Rechtschreibung und Grammatik hinreichend korrekt zu praktizieren [Ich neige dazu, die Unfähigkeit zu NEUER deutscher Rechtschreibung schulterzuckend gutzuheißen, habe ich doch selbst arge Schwierigkeiten mit der Umsetzung dieser Schreibreform], die Erlaubnis besitzen, die deutsche Sprache zu verunzieren, solange sie sich ihres Treibens bewußt sind und dieses jederzeit einstellen könnten.

In den letzten Tagen jedoch wurde ich auf einige wenige Zeilenanhäufungen aufmerksam, die aus anderen durch ein einziges Signum herausstachen und dadurch angenehm ins Auge fielen: Sie bedienten sich korrekter Groß- und Kleibschreibung. Das mag an sich nicht weiter verwunderlich klingen, sind doch Zeitschriften, Zeitungen und Bücher vollgestopft mit derlei Geschriebenem. Doch in den Tiefen des weltweiten Netzes mutierten Großbuchstaben längst zu einer vom Aussterben bedrohten Gattung. Menschen neigen ja dazu, allem, was rar ist, einen gewissen Wert zuzusprechen, der nur allein aus dieser Seltenheit resultiert. So handelte auch ich, einmal mit der Seltenheit des Großbuchstaben in meinem eigenen Wortsalat konfrontiert.

Ich schämte mich ein bißchen und versuchte gleich, Zeilen anzuhäufen und dabei darauf zu achten, den Regeln der geschriebenen Sprache gerecht zu werden. Ich war erstaunt zu bemerken, wie schwer mir dieses Unterfangen fiel, nein: fällt, denn noch immer übersehe ich, daß diesem oder jenem Substantiv die Benutzung der Umschalttaste vorenthalten blieb.

Und so beschloß ich, in Zukunft ein wenig auf mich selbst zu achten und den Versuch zu wagen, trotz kurzzeiliger Forenbeiträge und internetüblicher Kleinschreibung auf die Großbuchstaben nicht länger zu verzichten. Womöglich handelt es sich dabei um einen Schritt zurück, doch bin ich mir sicher, daß jeder Lesende es mir insgeheim danken wird, wenn er bemerkt, daß das eigene Auge mal wieder an einem – früher verborgenen – Satzzeichen hängenblieb. Vielleicht ist es gar ein Schritt nach vorn, wohin auch immer…

aus der küche ertönt gelächter. ich stehe auf, sehe mich um, doch vermag nicht länger, mich zu finden. im papierkorb liegt mein lächeln, zerknüllt und angesengt. ich beachte es nicht. weinend wickle ich mir meine gedanken um den hals, meide meinen schatten. das häßliche tier im spiegel ängstigt mich. ich krieche heimlich vorbei, rückwärts durch den nebel. meine worte hätten deine sein können. in einem irgendwann aus meinem traum. die lider zu schließen wage ich nicht. ich könnte mich schreien sehen. auf dem flur stirbt ein fahles licht. der kalte wind scheucht mich fort. ich folge ihm. die gänge sind leer, waren es immer. an den wänden kleben alte zeilen. ich erkenne sie nicht. irgendwo ertönt dein lachen. musik aus meinem herzen. der schmerz findet meine augen, reißt sie hinfort. mit meiner furcht ritze ich namen in den boden, zerfetze das jetzt. lebte ich noch, hätte ich wohl geweint.

das alte lied

zuweilen kriecht die einsamkeit in meinen kopf zurück und lacht mich aus, verlacht all die schönen worte, die ich einst aus meinem inneren herauszauberte, das leben zu beschönigen und gutzuheißen, verlacht meine hoffnung, meine unendliche, nie sterbende hoffnung, verlacht all die gedanken, die mir ein silberlächeln zu schenken wußten. wie ein häßliches dunkeltier lauert die einsamkeit nun in meinem schädel und lähmt mich, raubt den willen zu jeder bewegung, klebt schattenschleier vor meine ermüdeten augen, setzt tränen auf die blassen wagen, entreißt dem herz das letzte leuchten. und irgendwann beginnt sie zu erzählen, erweckt die alte, unerfüllbare sehnsucht aus meiner tiefe, zerrt die gleichen, träumerischen bilder hervor, belügt mich mit meiner liebe. verloren treibe ich in meiner nichtigkeit und verliere meine pfade, während in mir singt die einsamkeit ihre finsteren lieder singt. ich schließe die augen und fliehe in den schlaf.

erblindet

zuweilen will ich nicht mehr sehen. mit tränenverschleierten blicken schaue ich mich um und kann nicht ertragen, was sich mir zeigt, wünsche zu fliehen, allem zu entkommen, die welt um mich herum einfach auszuschalten, jeden menschen aus meinem dasein zu löschen.

ich nehme meine brille ab, verstaue sie behutsam irgendwo in meinen taschen, entreiße mir das augenlicht. die welt verschwimmt, verliert jede kontur. ihre formen werden aufgelöst. menschen mutierten zu schwammigen silhouetten, gesichtslos und fremd. ich fliehe.

die tränen auf meiner wange stören nicht länger. ich sehe niemanden, nichts, und kann selbst nicht gesehen werden, wandle als unsichtbarer durch das verwischte sein, dessen existenz ich ignoriere.

kein blick, keine mißgunst kann mich erreichen, da augen zu schattigen löchern in hellen flächen verwimmen, da worte an meinen betäubten ohren zerschellen. ich fliehe, lasse die welt zurück, kehre in mich selbst, um irgendwo in der tiefe mich zu finden.

irgendwann, nach ungezählten zeiten, wenn meine tränen getrocknet sind, schenke ich mir meinen blick zurück, wandle meiner pfade und beginne, mich der unvollkommenen schönheit meiner welt zu erfreuen, jedes detail in mich aufzusaugen wie einen verlorengeglaubten schatz, atme das leben, als hätte ich es erneut entdeckt …