Meinen montäglichen Besuch im örtlichen Plattenladen vollziehend, die Neuerscheinungen betrachtend und mit drei unbedeutend schlechten Werken Klänge in meine wenig verzückten Ohren zaubernd werde ich meiner Nachbarin gewahr, die sich schon, als ich noch das erste der drei mich womöglich interessierenden, aber letztlich enttäuschenden Alben in das Abspielgerät einlegte, mit einem Werk beschäftigte, das nun, während ich die CDs auswechsle, noch immer durch die Muscheln ihrer Kopfhörer an meine Ohren dringt und mich widerwillig frösteln läßt – ein Zustand, der sich auch nicht ändert, nachdem ich alle ausgewählten Alben als für mich unannehmbar erklärt und festgestellt habe, daß das neben mir stehende Mädchen noch immer mit dem einen Werk zugange ist, das lautstark an ihren Ohren vorbei in meine Richtung ätzt.
Ich beziehe mich nicht auf die CD in ihren Händen, nicht auf die aktuelle Ausgabe des für mich ohnehin wenig begeisternswerten Kompilationsklassikers Bravo Hits, deren Chartklänge fortwährend durch ihre Lauscher kriechen, sondern schlichtweg auf das eine Lied, das sie wieder und wieder zu hören, ja – auch wenn es mich abschreckt, das glauben zu müssen – zu genießen scheint, das Anfang und Ende meiner erfolglosen CD-Reinhöraktion begleitete und noch immer nicht verstummte, vermutlich in absehbarer Zeit noch unzählige Male wiederholt werden wird und in mir die Frage aufkommen läßt, warum man ein Lied, das tagsüber, tagtäglich, immer wieder, im Radiofernsehen totgespielt wird, ein Lied, dessen Klingeltonversionen die Medienlandschaft verstopfen, ein Lied, dessen Klänge simpel genug sind, um nach dem ersten Refrain mitsingen und auf das restliche Lied verzichten zu können, warum man also ein Lied, dessen Überall-Präsenz kaum steigerbar ist, unbedingt minutenlang im Plattenladen anhören muß, warum man seine freie Zeit damit zubringt, diesen einen Song, der auch im gemütlichen Fernseh- oder Radiosessel wieder und wieder vernommen werden könnte, in Dauerrotation zu konsumieren und von ihm, nach maximaler Medienpräsenz und unentkommenbarer Wiederholt-Beschallung, immer noch begeistert zu sein scheint und sich – dessen nicht überdrüssig werdend – das für mich zutiefst minderwertige Liedgut wieder und wieder in den Schädel stopft.
Ohne Antworten begebe ich mich auf den Heimweg und ärgere mich über den schrecklich-penetranten Ohrwurm, der aufgrund der Dauerrotationshörerin meine Gedanken terrorisiert:
Tokio Hotel – „Durch den Monsun“.
[Im Hintergrund: Ensiferum – „Ensiferum“]