Besuch im Bioladen

Gestern besuchte ich einen Bioladen. Das war nicht das erste Mal in meinem Leben, daß ich diesen Laden aufsuchte [sondern das zweite], aber das erste Mal, daß ich plante, mir tatsächlich etwas zu kaufen.
Mein Kühlschrank war leer und das Portemonaie einigermaßen gefüllt, so daß ich mir derartigen Luxus mal erlauben konnte. Ich hatte es mir schließlich verdient. Womit auch immer.

Schon die Anordnung der Fahrräder vor dem Laden zeugte von alternativem Lebenswandel. Die für Ordnung sorgenden Fahrradständer existierten, doch wurden ignoriert. Wildes Parken verwehrte sogar den Zugang zu ihnen. Ich kämpfte mich durch, schloß mein Rad trotzdem dort an. Nicht aus Ordnungsliebe oder Gesetzesergebenheit oder gar aus Protest gegen die Protestler. Nein, in Ermangelung eines eigenen ausklappbaren Fahrradständers an meinem Rad benötigte ich einfach nur irgend etwas, um mein Gefährt anzulehnen.

Der Laden war klein. Zwei Verkäuferinnen und eine Handvoll Kunden hielten sich in ihm auf. Erstaunlicherweise war das Angebot trotzdem immens. Ich glaube, wenn man die traditionellen Supermärkte um ihre „Non-Food-Abteilung“ [so heißt das tatsächlich] berauben würde, stünde der Bioladen gar nicht mehr so mickrig da.
Ich sah mich um. Mein erster Besuch hatte mich einigermaßen auf die Preise vorbereitet. Doch nicht genug. Eine Flasche Apfelsaft für drei Euro. Camembert für zwei Euro. Cherry-Tomaten für 7,49 Euro das Kilogramm.
Der übliche Einkaufswagen war durch einen schönen Bastkorb ersetzt worden. Die Flaschenrücknahme funktionierte nach einem kreativen, mit eigenen, erläuternden Zeichnungen versehenen Prinzip.

Manches war Schwachsinn. Manches überraschte mich.
Beispielsweise bin ich ein genereller Tofu-In-Frage-Steller. Nichts gegen Tofu an sich. Doch der Versuch, Fleisch mit Nichtfleischlichem zu imitieren [Es gab tatsächlich Geschnetzeltes, Bratwürste usw.], wirkte auf mich recht albern. Auch brauchte ich keine Maschine [Ich konnte nicht genau erkennen, wozu sie diente.], die mit Holz verkleidet wurde, um so das mechanische Innere ökostylisch zu verpacken.
Schön fand ich es, Erdnußbutter zu entdecken. Oder Badewannenwasserfarben.

Ich traute mich aber nicht, etwas zu kaufen, war zu geizig, wollte mir dann doch nicht so viel „Gutes“ gönnen, von dem ich nicht vollends überzeugt war.
Letztendlich entschied ich mich für ein paar Cherry-Tomaten [Erstaunlicherweise packt man im Bioladen sein Gemüse und Obst auch nur in durchsichtige Platiktüten.], für Öko-Quark und Brot.

Brot und ich sind zwei Todfeinde. Selten schaffe ich es, ein halbes Standardbrot zu verzehren, bevor es unangenehm aushärtet. Das hat weniger mit mangelnder Nahrungsaufnahme zu tun als mit dem Gedanken, daß es unzählige Dinge gibt, die leckerer, „spannender“ sind als Brot.
Deswegen war ich angenehm überrascht, wie klein die agebotenen Brote im Bioladen waren. Dafür waren sie auch preisintensiv. Ich wählte ein niedliches Exemplar [Ich habe leider vergessen, welche Körner dort den Hauptanteil bildeten, welchen Namen das Brötchen – hihi – trug.], das mich ansprach, und bezahlte.

Das Bezahlen dauerte erstaunlich lange. Vermutlich muß man als Alternativer auch gelernt haben, keine Hektik zu verbreiten. Erst hatte ich zu warten, dann wurde das Brot umständlich eingepackt, dann noch auf irgendeiner Liste ein paar Notizen gemacht.
Das Brot selbst kostete zwei Euro, weswegen ich verdutzt aufblickte, als ich nicht mehr als drei Euro zu bezahlen hatte. Na gut, ich konnte meinen Einkauf in einer Hand halten – er war also nicht sehr umfangreich gewesen; trotzdem hatte ich das Gefühl, eigentlich recht wenig gelöhnt zu haben.

Mir selbst im Geiste ein paar Pluspunkte auf mein Gutmenschenkonto schreibend verabschiedete ich mich und radelte nach Hause.

7 Gedanken zu „Besuch im Bioladen“

  1. *grins*. Sehr gerecht formuliert. Ich erinnere mich mit Schrecken daran, als diese Gläschen im WG-Kühlschrank auftauchten: braune Paste, sieht aus wie Leberwurst, riecht wie Leberwurst, schmeckt wie Leberwurst – ist aber Tofu. Selbst Wikipedia bezieht hier vorsichtig Stellung: Diese aus ernährungswissenschaftlicher Sicht (wegen des hohen Proteingehalts) sinnvolle Verwendung ist jedoch kulinarisch fragwürdig, da sich weder Konsistenz noch Eigengeschmack des Tofu für einen Einsatz als Fleischersatz eignen.
    Mindestens so schlimm finde ich allerdings auch Frischkäse mit 0% Fett oder „Butter“, die sich beim Versuch ein Spiegelei zu braten verweigert.

  2. ich war ja bioesser der ersten stunde, wo meine küche noch voller getreidemotten vom biomüsli und anderer körndl war, inzwischen bekommt man hier in österreich in jedem supermarkt gute, biologisch angebaute lebensmittel zu vernüftigen preisen.
    eines stelle ich fest, 35 jahre vorwiegend gesundes essen hat seine positiven auswirkungen hinterlassen, beste blutwerte, alle vitamine und spurenelemte im blut vorhanden, fast nie krank, kaum haarausfall, feste glänzende nägel!
    grundregel bei mir, keine gesättigten fette wie magarine und so, kein weißer zucker, kaum weißmehl.
    ich kann mir auch ausrutscher bei partys oder einladungen leisten, da lass ich mir dann den junk schmecken!

  3. Ich finde es gut, wenn man Dinge kauft, die von ordentlich bezahlten Menschen hergestellt werden bzw. von gut behandelten Tieren stammen. Jedoch scheinen mir die Preise – insbesondere von den Tomaten – in deinem Laden doch als ein wenig hoch. Allerdings gibt es in Deutschland jetzt so etwas wie einen Trend zum „bewussten“ einkaufen. Das begrüße ich. Hoffentlich werden solche Waren bald zu einem gemäßigteren Preis angeboten. Das Öko-Image von Bioläden kann man dann auch mal getrost in die Tonne… wer braucht das schon?

    Beim Lesen deines kleinen Erfahrungsberichts ist mir ein besonders bemerkenswertes Wort aufgefallen: „preisintensiv“. Falls es das noch nicht gibt, finde ich, das gehört ab sofort in die Werbung! Quasi als Gegentrend zu „Geiz ist geil“! „Kauft preisintensiv – Scheißt auf Geiz!“ oder so…

  4. REPLY:
    dachte ich auch bei den tomaten, aber vielleicht wurden die noch zusätzlich therapeutisch behandelt, so ein fachmann hat hohe stundensätze und wer weiß wie lange so eine tomate behandelt wird bis ihr seelenleben ausgeglichen ist!

  5. @creature: Ich bin wahrlich beeindruckt.
    @freidenker: „Preisintensiv“. Benutze ich zuweilen, das Wort. Aus Versehen, vermutlich. Als Schönfärberei.

    Ich denke auch, daß es in vielen Dingen sinnvoll ist, Bioprodukte zu kaufen. Bei uns im Supermarkt gibt es aber auch beispielsewise Gut&Gerne-Waren, die ähnlichen Status und annehmbare Preise haben. Mir ging und geht es vor allem darum auszutesten, was an Bioprodukten besser ist. Beispielsweise war der geschmack der Tomaten intensiver als der der Supermarktteile.

    Die Tomaten waren ein absichtlich ausgewähltes Extrembeispiel. Sie waren teuer; aber die „normalen“ Tomaten waren weitaus preisgünstiger…

  6. Lieber Morast,
    Als preisgünstigere Biovariante empfehle ich immer gerne den D.M.-Markt mit seiner eigenen Biomarke Alnatura. Frische Sachen bekommt man leider nicht, dafür aber feine Trockenfrüchte, Vollkornnudeln, Pesto, Getreide, Brotaufstriche, Dinkelcräcker, soweit ich weiss auch Säfte und Sojamilch. Letzteres trinke ich wirklich ganz gerne, man muss den Sojageschmack dabei aber auch mögen. Viel Erfolg beim weiteren Punkte Sammeln auf dem „Gutmenschkonto“.
    (Das muss ich mir merken)

  7. REPLY:
    D.M…. Warum nicht. vielleicht findet sich ja eine Filiale in der Nähe, inder ich mal einen Blick auf das Sortiment werfen kann.
    Sojamilch. Ich habe neulich irgendwo Sojamilch getrunken, die ich nicht so super lecker fand. Aber ich werde es wohl bestimmt nochmal versuchen. Irgendwann.

    Danke also für die Informationen.

    Das mit dem Gutmenschkonto habe ich irgendwo geklaut, noch nicht mal selber ausgedacht. Vielleicht sollte ich mich schämen…

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