leer

Das Erstaunliche an der Leere ist, daß sie sich nicht auf mein Dasein beschränkt und dieses zu einer schlichten Existenz reduziert, daß sie sich nicht damit begnügt, meine Schritte erlahmen, meine Wege verblassen zu lassen, jeden Willen zu rauben und jeden Wunsch zu löschen, sondern auf mein gesamtes Ich, das mehr zu sein glaubt als das bloße Existieren, überspringt, daß sie in mein Denken kriecht und alles löscht, was träumt, mit Gleichgültigkeit füllt, was sich freuen, was trauern könnte, mit einem endlosen Grau jeden Gedanken beschmiert.

Ich treibe voran, zurück, auf der Stelle, und die Leere hält mich in ihrem Bann, löscht die Worte in meinem Schädel, in meinen Fingern, tilgt das Lächeln aus, kratzt das Funkeln aus den Augen, saugt an meinem Antlitz, an gläserner Starre, als könnte es noch den letzten Atemzug aus meinen Mundwinkeln rauben. Tränen versiegen in trockenen Höhlen, als wären sie zusammen mit den Farben dem endlosen Grau gewichen.

Meine Schreie sind matt und kraftlos, vermögen kaum, meine Lippen, mein Herz hinter sich zu lassen, dümpeln schleiertrüb durch das Dunkel und finden kein Gehör. Mein Lachen ist taub und tonlos, schallt hohl von steinernen Wänden wieder. Die Leere besetzt jeden Teil meines Leibes, meines Lebens, als gehörte ich ihr, als hätte es nie eine Wahl gegeben.
Wenn ich flüstere, vermag ich kaum, meine eigenen Worte zu verstehen, höre mich selbst altbekannte Lieder abspulen, eigene Klänge wiederholen, als wäre ich nicht zu Neuem imstande, als wäre das Gewesene das einzige, nur das Vergangene verbleibend.

Ich vermisse das Kitzeln in meinen Zehen, zu weiteren Schritten drängend, das Unbekannte suchend.
Ich vermisse das Sehnen, das mehr erträumt als Nähe, das mehr vermißt als nur irgendwen.
Ich vermisse das Lächeln auf meinen Lippen, das jeden Tag mit meinem Donneratem, meiner Lebenslust füllen, das jedes Himmelgrau zur Nichtigkeit, jeden Augenblick zum schönsten erklären könnte.
Ich vermisse das Zittern in meinen Fingern, wenn ich in Gedanken deinen Namen male.
Ich vermisse die Schreie in meinem Kopf, die Tränen auf meinen Wangen, die Abgründe meiner Seele, die mich spüren lassen, daß ich bin.
Ich vermisse das Leuchten im Herzen, das Wissen, daß alles gut werden wird.
Ich vermisse die Stürme in meinem Schädel, die mich geleiten, begeliten, fordern, die mich nicht ruhen, kaum atmen lassen.
Ich vermisse das Leben als Traum, als schlafwandlerisches Voranschreiten durch die Unwirklichkeit der Gegenwart, verbinden mit der Leichtigkeit des Unmöglichen.
Ich vermisse den Verlust der Lähmung, das Ende der Starre, vermisse den Inhalt meiner Leere.
Ich vermisse mich selbst, fühle mich verloren auf aschegrauen, leeren Wegen und vermag nicht länger, mich zu finden, mich zu suchen…

Das Wort des Tages 18

Nachdem ich einen Teil des Nachmittages damit füllte, mir zusammen mit meiner Mitbewohnerin die Jugendmusikveranstaltung „The Dome“ anzuschauen und nicht umhin zu können, als mich über die Schlechtigkeit der musikalisch untermalten Hampeldarbietungen auszulassen, über die Primitivität des Gezeigten und die offensichtliche Kopfleere nicht nur des begeistert jubelnden Publikums, sondern auch der sich selbst als überwichtig erachtenden Moderierenden aufzuregen und derlei unschöne Umstände mit allerhand unnetten, aber amüsanten Kommentaren zu bestücken, bleibt mir resümierend nur, das heutige Wort des Tages zu erwähnen, bei dem es sich ausnahmsweise um eine ganze Wortgruppe handelt, die mich schpon immer störte, mich aber insbesondere im Zusammenhang mit erwähnter Musiksendung negativ berührte:

„… [Hier beliebigen Namen eines pseudoberühmten Deutschlandsternchens einsetzen.] ist die deutsche Antwort auf … [Hier beliebigen Namen einer international anerkannten bekannten Berühmtheit einsetzen.]