Als ich das Abteil betrete, fällt mir ein riesiger weißer Hund ins Auge. Er hat es sich auf dem Boden bequem gemacht, zusammengerollt, den Kopf auf Vorderpfoten gebettet. An seiner Leine ist ein Aufnäher befestigt: „Blindenhund“.
Erst jetzt bemerke ich seine Besitzerin, eine blonde Frau, vielleicht 30, von angenehmer Schönheit. Ihre Augen sehen in die Ferne, ins Nichts, ihre Blicke sind nicht zu greifen. Ich bin fasziniert. Als ich mich niedersetze, reagiert sie nicht. ‚Sie hört mich.‘, denke ich, doch ihre Blicke bleiben fern.
Neben mir sitzt sich ein älteres Ehepaar gegenüber, unterhält sich angeregt. Zur linken des Mannes steht ein Korb, mit einer Decke gefüllt. Erst beim zweiten Hinsehen entdecke ich den Hund im Inneren des Korbes, ein putziges, winziges Wesen mit übergroßen Ohren, das zum Streicheln und Liebhaben einlädt.
Mit Erstaunen vergleiche ich die beiden Hunde, die mit mir das Abteil teilen, sind sie doch der gleichen Tierart zugehörig und trotzdem enorm verschieden:
Das kleine, unscheinbare, knuddlige Fellknäuel, das für Streicheleinheiten auserkoren zu sein scheint, und den majestätischen, riesigen, weißen Blindenhund, dessen Existenz einer wahlich gewaltigen Aufgabe gewidmet.
Ohne Verwunderung stelle ich fest, wie eindeutig meine Sympathien verteilt sind, wieviel Respekt ich dem größeren Tier bereits zolle.