„Wie gesagt…“

Eine zumeist überflüssige und in meinen Ohren durchaus unschön anmutende Floskel, ist
„Wie gesagt…“

Zu oft höre ich diese beiden Worte vor Sätzen, deren Inhalt zuvor nicht einmal ansatzsweise erwähnt wurde. Es fällt nicht auf, nicht beim ersten Mal. Doch wenn sich das „Wie gesagt“ wiederholt, beginne ich, am Erinnerungsvermögen des Sprechenden zu zweifeln.

Oder an meinem eigenen Verstand, der scheinbar eine Menge verpaßte…

Jakob Maria und Karl

Auf SpOn entdeckte ich einen Artikel, der mich grübeln ließ:

Das Bild, das den SPD-Politiker Jakob Maria Mierscheid darstellen soll, kenne ich doch irgendwoher. Und tatsächlich: Die Ähnlichkeit zu Karl Ranseier ist verblüffend, insbesondere, wenn man die untalentiert aufgemalte Brille wegläßt.

Mierscheid stellte die Theorie auf, daß man die SPD-Wahlergebnisse anhand des Indexes der deutschen Rohstahlproduktion – gemessen in Mio. Tonnen – im jeweiligen Jahr der Bundestagswahl vorhersagen könnte, und ist – natürlich – eine von SPD-Mitgliedern erfunde Person.

Daß aber selbst wikipedia zu berichten weiß, daß Mierscheid dem in der Comedy-Sendung „RTL Samstag Nacht“ erdachten Karl Ranseier gleicht, zeugt eindeutig von wahrlich beeindruckender, kreativer Schaffenskraft seitens der „fröhlichen SPD-Parlamentarier“…

Ein schöner Tagesausklangsgedanke

John Irvings Romanheld Garp gelangt in „Garp und wie er die Welt sah“ ziemlich zeitig zu der Erkenntnis, daß er Schriftsteller werden möchte, werden wird, ist bereit, alle anderen Wege abzubrechen für dieses feste Ziel.

Ich bin nicht bereit, möchte nicht nur einen Pfad beschreiten, möchte in alle Richtungen, die mir gefallen, die mich interessieren, die mich antreiben, wachsen, mich ausbreiten, mich entwickeln.

Und soeben überkam mich die Erkenntnis, daß ich kein Schriftsteller sein, werden, möchte, sondern, daß ich bereits einer bin.

Ein schöner Tagesausklangsgedanke.

„When skies are gray“

Does he kiss your eyelids in the morning when you start to raise your head?
And does he sing to you incessantly from the place between your bed and wall?
Does he walk around all day at school with his feet inside your shoes?
Looking down every few steps to pretend he walks with you.
Does he know that place below your neck that is your favorite to be touched
and does he cry through broken sentences like ‚I love you far too much‘?

[aus: Bright Eyes – „The Calendar Hung Itself“]

Früher und so

Ein Gedanke bei gefuehlskonserve erweckte in mir folgende Überlegung:

Wenn früher alles besser war und auch in Zukunft früher alles besser gewesen sein wird, sollten wir uns über das Heute freuen. Denn es wird mit jedem Tag schlimmer.

[Nebenbei: Ich mag dieses unbestimmt „es“ im vorangegangenen Satz, da somit alles und nicht zugleich ausgesagt werden kann…]

[Im Hintergrund: H-Blockx – „Time To Move“]

Diebstahlpotential

Ich weiß nicht, ob ich sie auslachen oder bedauern würde, würde jemand das Fahrrad meiner Mitbewohnerin klauen, während sie gerade dabei ist, sich ein neues Schloß zu kaufen…

Straßenbahnerlebnisse 10

In der Straßenbahn begegnete ich Adolf Hitler.

Nachdem ich ohne zu Zögern über die befahrene Straße zur wartenden Straßenbahn geeilt und außer Atem in diese eingstiegen war, entdeckte ich einen freien Sitzplatz. Eine Frau um die 50 bot diesen einer Rentnerin an, die kurz vor mir zugestiegen war. Sie lehnte ab, doch die Anbietende wollte sich selbst nicht setzen.

Das Risiko eingehend, für „keck“ oder „frech“ gehalten zu werden, plazierte ich mich kurzerhand auf dem Sitz. Neben mir saß Adolf Hitler.

Er war klein und alt, von gedrungener Gestalt, ein wenig übergewichtig. ‚Das Alter hat ihn zusammenschrumpeln lassen.‘, dachte ich. Sein Haar war längst weiß, doch Bart und Frisur waren noch dieselbe wie vor über 60 Jahren.

‚Selbst wenn er noch lebt, müßte er eigentlich längst tot sein.‘, überlegte ich. Doch Adolf sah weder tot aus noch wie ein 116Jähriger. Allerdings roch er ein bißchen unangenehm. Ich wunderte mich und bewunderte zugleich seine lila Hosenträger.

Als die ihm gegenüber Sitzende sich erhob, um auszusteigen, stand auch er auf. Er gab ihr die Hand, zackig, kräftig, doch überraschend herzlich, fast liebevoll.

‚Das ist niemals Adolf Hitler!‘, stellte ich fest und stieg aus.

Sauerkraut und Einsiedler

Es gab eine Zeit in meiner Kindheit, in der ich nicht weiter als bis dreißig zählen konnte. Mich erschreckte meine Unwissenheit, ich haßte sie.
Nicht minder haßte ich Sauerkraut.
Und in meinem Kopf fügte sich dies zu einem einzigen Bild zusammen: Alle Zahlen über Dreißig hießen fortan nur noch „Sauerkraut“.
Achtunzwanzig, Neunundzwanzig, Dreißig, Sauerkraut, Sauerkraut, Sauerkraut.

Mittlerweile wurde ich einigermaßen erwachsen und glaubte, mich an Sauerkraut gewöhnt zu haben, glaubte, es würde mir zuweilen sogar schmecken. Heute wurde ich eines Besseren belehrt, gab es doch in der Mensa Sauerkraut als Beilage.
Mit der Wahl zwischen grünen Bohnen, Sauerkraut und „gar nichts“ maßlos überfordert [Ich fand keine der drei Alternativen reizvoll.], überraschte ich mich selbst, indem ich mich für Sauerkraut entschied.
Das war ein Fehler, spürte ich doch schon beim ersten, zögerlichen Versuch, daß mir das Sauerkraut nicht schmeckte, daß der alte Kindheitshaß in mir wieder emporschoß. Sauerkraut, Sauerkraut, Sauerkraut.
Das Lammfleisch paßte sehr gut zum Sauerkraut: Es schmeckte mir auch nicht.

Lustlos stocherte ich in meinem Essen herum, las nebenbei in John Irvings „Garp und wie er die Welt sah“, blickte kurz auf und wurde eines Pärchens gewahr, das flüsternd auf mich deutete.
‚Vielleicht wundern sie sich, warum ich ganz allein der Mensa sitze, mich in ein Buch vertiefe, ohne Gesellschaft, Freunde, Bekannte um mich herum.‘, mutmaßte ich.
Und tatsächlich: Wie um mich zu verhöhnen, schaute das Mädchen noch einmal kurz zu mir herüber, dann zu ihrem Freund, um ihn gleich darauf stürmisch zu umarmen und zu küssen, als würde sie sich erst durch meine einsiedlerische Anwesenheit bewußt, wie schön es war, ihn neben sich zu wissen.
Ich versank erneut irgendwo inmitten der vielen bedruckten Seiten.

Spiegel, Gorillaz und Seufzer

Während ich lese, höre ich Musik.

Während ich also in den neuesten Artikeln von SpOn blättere, ertönt Musik aus meinen Boxen. Die Quelle der wahrlich guten Klänge ist der Rechner, die Dateien sind legal erworben. Ich habe ein Recht darauf, ihnen zu lauschen.

Die Werbung auf SpOn hat mich schon immer etwas gestört, ogleich ich durchaus gewisse Bereitschaft zeigte, die Anzeigen zugunsten eines kostenlosen Angebots zu akzeptieren.

Wenn jedoch die Werbeanimation fröhlich vor sich hin flackerte, meine Blicke vom statischen Text ablenke und jegliche Konzentration raubte, war ich geneigt, mich aufzuregen.

Wenn dann noch durch Werbung Teile des Seitenlayouts verdeckt, überlagert, wurden, so daß die Funktionseinschränkung das Lesen erschwerte, zweifelte ich allmählich an SpOn und seinen Werbeträgern.

Der neueste Clou ist die iPod-Werbung. Sie mag durchaus einigermaßen ästhetische sein, doch stört gewaltig. Vor zahllosen Artikeln befindet sich nämlich die iPod-Flash-Animation, der eine eigentlich raffinierte Eigenschaft innewohnt:
Bewegte man die Maus über die Werbefläche, ertönt ein Song-Sample des neuesten iPod-Werbehits. Nimmt man den Mauszeiger wieder von Fläche herunter, schweigt die Musik. Ein simples Konzept, das funktionieren könnte, ohne zu stören.

Doch es stört. Während ich nämlich mp3-Dateien von meiner Festplatte abspielen lasse, wird im Hintergrund die Werbung gestartet. Vielleicht fahre ich versehentlich mit der Maus über die Anzeigenfläche, starte die Hintergrundmusik.
Doch diese erschallt nicht, wartet heimtückisch, bis das aktuelle Lied meines mp3-Players sein Ende findet und beginnt dann mit seiner Endlosschleife.

Denn leider ist nun die MouseOver-Funktion invertiert. Bewege ich den Mauszeiger auf die Fläche, stoppt die Musik, bewege ich sie wieder herunter, geht sie weiter.

Jedoch kann ich nicht die ganze Zeit den Mauszeiger auf einer Stelle verharren lassen, wenn ich doch den gesamten Artikel lesen möchte. Auch bin ich nicht bereit, die Gorillaz über mich ergehen zu lassen, wenn ich gute Musik hören könnte.

Ich rege mich auf, leise nur. Doch allmählich komme ich zu dem Entschluß, daß ich mich an anderer Stelle über die weltweiten Neuigkeiten informieren sollte.

Mit einem Seufzer schalte ich die Boxen stumm, lese ich den Artikel zu Ende, schließe die SpOn-Seite und drehe meine Musik wieder auf.