Die Toilette meiner Wohngemeinschaft verfügt über kein Fenster. Zumindest über kein „echtes“, besitzt sie doch einen adäquaten Fensterersatz, bestehend aus einer Plexiglasscheibe in der Decke, von der zu Regenzeiten ein angenehmes, beruhigendes Tropfenklopfen [schönes Wort] zu hören ist, und aus einem einigermaßen wirksamen Stinkluftentsorger in Form eines an- und ausschaltbaren Luftabzugs.
Das jedoch half der Fliege wenig, die sich in den kleinen Toilettenraum verirrt hatte und diesen nun mit mir teilte, war das einzige, was sie brauchte, doch ein offenes Fenster, oder zumindest eine geöffnete Tür, die in einen Nachbarraum mit offenenem Fenster führte [oder zumindest in einen Nachbarraum mit offener Tür…].
Doch ich saß bereits auf dem Klo, hatte die Tür abgeschlossen, war eifrig dabei, Stoffwechselendprodukte von mir zu geben [Ich weiß, das hört sich wenig appetitlich an, aber im allgemeinen führt man auf der Toilette nichts sonderlich Appetitanregendes aus.]. Ich war entspannt, ruhig und gelassen. Nicht umsonst hat man auf der Kloschüssel sitzend oder unter der Dusche die besten Ideen: Man schaltet ab, entfernt sich für wenige Momente von der omnipräsenten Wirklichkeit.
Die Fliege flog herum. Es handelte sich um ein besonders dickes Exemplar; dementsprechend laut waren ihre Fluggeräusche.
Anfangs war ich genervt, wurde ich doch nicht nur durch den Lärm in meiner Ruhe gestört, sondern auch durch die hektik, die von dem kleinen summenden, brummenden Tier ausging, das panisch nach einem Ausgang suchte, immer wieder gegen die Plexiglasscheibe stieß, in Türnähe umherirrte, kreisförmige Bahnen in die Luft malte.
Doch eigentlich hatte ich nichts gegen Fliegen, erst recht nichts gegen ihr Brummen. Erst vor wenigen Tagen hatte mich eine von ihnen angenehm in den tag hineingeweckt. Und Fliegen waren schließlich auch keine Motten, deren Existenz mich zuweilen durchaus störte.
Also redete ihr der panisch herumkreisenden Fliege gut zu.
„Bleib ruhig. Gleich bist du draußen. Warte noch. Setz dich irgendwo hin. Von mir aus auch auf mein Bein. Sei locker. Ich bin gleich fertig…“
Die Fliege hörte nicht zu, schwirrte umher, als hinge ihr Leben davon ab.
‚Was das für Energie kosten muß…‘, dachte ich.
Als ich fertig war, mir die Hände gewaschen und die Tür geöffnet hatte, fand die Fliege den Ausweg noch immer nicht.
„Hier lang, Süße.“, forderte ich sie auf und machte es ihr vor. Endlich begriff sie und schwirrte überglücklich in die Küchen und durch das geöffnete Fenster in die Freiheit.
‚Meine gute Tat für heute.‘, schmunzelte ich.
Soeben flog eine Fliege in mein Zimmer, drehte eine Runde, knallte zwei Mal gegen die Fensterscheibe udn fand dann den Ausgang.
‚Na bitte.‘, dachte ich, ‚Geht doch.‘