Präventives Grämen

Meine Mitbewohnerin zieht aus. In wenigen Tagen ist es soweit. Sie trauert ein wenig, doch freut sich zugleich auf ihren Auslandsaufenthalt.
Demenstprechend schwankt ihre Stimmung immer wieder hin und her. Vorhin hat sie mich, während ich Wäsche aufing, einfach so umarmt. Weil sie ja bald weg sei.

Ich selbst bin nicht traurig. Nicht, weil ich ein kaltherziger, emotionsloser Mensch wäre, nicht, weil ich mich über ihren Auszug freue, nicht, weil ich sie nicht leiden kann.
Nein, ich neige nur nicht dazu, vorher zu trauern. Ich weiß, daß ich ihr Fehlen früh genug bemerken, bedauern werde, weiß, daß es genug Momente geben wird, in denen ich wünschte, sie verweilte noch immer im Zimmer nebenan.

Präventives Grämen.
So nannte ich es, was sie, meine Mitbewohnerin momentan zuweilen betreibt, erfreute mich heimlich am Klang der beiden Äs.

Ich denke nicht an morgen. Dafür ist morgen noch genug Zeit. Auch für Trauer.

Ein Gedanke zu „Präventives Grämen“

  1. das kommt mir bekannt vor, auch anders herum. ich werde oft gefragt, ob ich mich denn überhaupt nicht auf einen urlaub oder wasauchimmer für ein ereignis freue. ich sage dann immer sachen wie „warum sollte ich mich freuen? ist doch erst in 4 wochen …“. auf manche menschen macht das oft den eindruck, als wäre ich desinteressiert. garnicht so einfach zu vermitteln, daß es nicht so ist …

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