Beim Betrachten von unerlaubt an graffitiübersäte Leerstandshäuserwände geklebte Plakaten mit Linksradikalparolen assoziierte ich neulich das Wort Naziscum nicht mit dem Versuch, Beleidigungen gegen politisch entgegengesetzte Meinungsvertreter in prägnanter, demnach englischsprachiger Form auszudrücken, sondern mit einer auf dem I zu betonenden Variante eines mir unbekannten, leicht abgefälschten, aber trotzdem ursprünglich lateinischen Wortes:
nazíscum, nazisci n.
Oder so.
Tag: 3. August 2005
Erschreckend
Es ist erschreckend festzustellen, wie fest ich mich einst an sie klammerte, wie sehr ich sie mit mir, mit meiner Anwesenheit, bedrängte – in dem festen Glauben, das einzig Richtige zu tun, sie somit dazu bewegen zu können, mir die Sicherheit zu geben, die ich ersehnte.
Es ist erschreckend festzustellen, daß ich jahrelang stillstand, einfach nur wartete, darauf wartete, daß sie sich entscheidet zurückzukommen, zu mir zurückzukehren, daß sie einsah, was – in meinen Augen – das Beste für sie war, daß sie begriff, daß ich es war, den sie suchte.
Es ist erschreckend festzustellen, daß ich – irgendwo in mir – noch immer warte.
Sinnsuche
Und würd ich mir – in trübstem Sinn
die Knitterstirne raufen
zu ahnen, was ich werde, bin
mein letztes Wort verkaufen
der Haare stolze Sturmespracht
in tiefe Falten schlagen
und mich – als hätt ich tief gedacht
in fremdes Andersleben wagen
Und würde ich der Lippen Strich
nach unten redlich biegen
ein Lächeln finden – nur für mich
und meiner Furcht obsiegen
den Schlechtelauneschalter tief im Kopf
zum Gutsinn hin bewegen
des Schicksal schlüpfrig-süßen Schopf
auf meine Tränen legen
Und würde ich nicht was ich bin
nur was ich will erfragen
die Antwort sehnend – ein Wohin
nicht mit dem Jetzt mich plagen
noch mit der Einsamkeit des Seins
die dem Alleinsein gleicht
zuweilen schmerzt, als wär es eins
doch nimmermehr vom Herz entweicht
Und würd ich im Alleinsein still
mich selbst, den Weg, erschließen
es wieder als ein Ichgefühl
nicht als Verbannung wissen
und flink, mit stolzem Stolperschritt
dem faden Gestriggrau entweichen
vom Tränentrunk längst matt und sitt
die helfend Hand mir reichen
Dann riefe ich mit Stimmenglanz:
„Noch heut‘ wird alles besser!“
und spräng dem Tod im Freudentanz
vom blutigscharfen Messer.
Ich flüsterte mir selbst ins Ohr:
‚Glaub nicht, das nichts verbliebe
Denn irgendwo im Sein liegt Sinn
und sei es nur die Liebe.‘