Wortlos

Sich zu fühlen, als hätte man geweint, minutenlang, tagelang. Als wären alle Tränen der Vergangenheit, der Zukunft, aus dem Herzen, aus den Augen geflossen, in trübem Fluß vereinigt auf das Leben niedergeprasselt und hätten jeden Schrei, jedes Flüstern erstickt. Das Lächeln löst sich auf in den salzigen Fluten, schmilzt zu kalter Angst, zu heißer Trauer, verwischt zu einer absurden Fratze verlorener Möglichkeiten, zu einem falschen Grinsen im Angesicht des Schmerzes. Als wäre jeder gelebte Tag vergebens, als wäre jeder ersonnene Moment nur Traum, blutet die Seele in die Gedanken, hinein in den Schädel, sprengt die Ketten, die Zwänge, befreit sich gleißend von Wirklichkeit, befreit sich feucht vom eigenen Wesen. Mit roten Augen hinabzublicken und sich auf totem Boden zerfließen, verwesen zu sehen, eingetaucht in das glitzernde Leid, das auf staubigem Beton den eigenen Namen schreibt. Haltlos entziehen sich die Tränenbäche den zitternden Fingern, den greifenden Händen, versickernd müde glucksend im unentrinnbaren Gestern, ein wortloses Bild aus Sehnsucht mit sich in die Tiefe reißend.