Der Diebstahldetektor

In der Bibliothek erfuhr ich heute die Antwort auf eine der Fragen, die ich mir schon häufiger stellte:
Was passiert eigentlich, wenn der Diebstahldetektor am Ausgang Alarm schlägt?

Die Rede ist von diesen mannhohen, plastikverschalten Dingern, die ein elektromagnetisches Feld erzeugen, das dafür sorgt, daß noch nicht bezahlte und daher gesicherte Ware nicht aus Kaufhäusern entwendet werden kann, die starr und unbeteiligt an Ein- und Ausgängen, aber auch an Rolltreppenenden und -anfängen herumstehen, im Fall einer unzulässsigen Bereichsüberschreitung aber geräuschintensiv diesem Umstand kundtun – und womöglich dabei auch noch lustig blinken.

Schon häufiger geschah es beispielsweise im mehrstöckigen, rolltreppenverzierten Magdeburger Karstadtgebäude, daß der Alarm auf diese Art und Weise losging. Doch nie entdeckte ich emsige und vor allem kräftige Sicherheitsbeamte, die in Sekundenschnelle den Verdächtigen gefaßt und seiner Schandtat bezichtigt hatten. Ja, selbst als ich persönlich eine Saturnfiliale verlies und ungeschickterweise zum Auslöser jener Sicherheitsvorrichtung mutierte, dauerte es eine erstaunliche Weile, bis ein wenig überzeugender Sicherheitsbeamter mich, der in Unkenntnis der eigenen Untat verdutzt stehengeblieben war, zur Rede gestellt hatte, obgleich er direkt neben dem Diebstahldetektor mahnend Position bezogen hatte. [Natürlich war ich kein Dieb, hatte nur die mit einem Sicherheitsetikett beklebte Folie einer CD-Hülle zu Reinhörzwecken abgefriemelt und unklugerweise in meiner Manteltasche verstaut.]

Mir selbst sind Fälle von einer damaligen ProMarkt-Filiale bekannt, in denen die alarmbereiten Geräte aus technischen Gründen gar funktionsuntüchtig gewesen waren und somit nur herumstanden, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen.

Ich vermute, daß man diesen höflich-drohenden Charakter, diesen Apell an die eigene Ehrlichkeit, bewußt einsetzt, daß also weniger der geräuschintensive Alarm es ist, der Wirkung zeigt, sondern das Gerät an sich, das potentielle Diebe abschreckt – oder zu kreativeren Methoden greifen läßt.

Als ich heute in der universitätseigenen Bibliothek verweilte geschah es gleich zwei Mal, daß übereifrige Studenten das Gebäude zu verlassen versuchten, ohne daß ihre Lektüre ordnungsgemäß entsichert war. In einer eigentlich um Ruhe bemühten Bibliothek ist das alarmgebende Geräusch der Diebstahldetektoren besonders auffällig, und als das Gerät eifrig zu blinken und zu piepsen begann, richteten sich alle Augen auf den vermeintlichen Straftäter.

Doch in beiden Fällen war es der an der Ausleihe sitzende Bibliothekar, den das nervende Geräusch und der womöglich begangene Diebstahl wenig zu kümmern schien. Ohne sichtliches Interesse hob er sein Haupt, blickte zur Tür und formulierte matt fordernd, aber ohne jegliche Brisanz oder Sprachgewalt, ohne jede emotionale Regung, ein einziges Wort, das den potentiellen Kriminellen von seiner sträflichen Untat abhalten, ihn gar zurückrufen sollte:

„Hallo…?“