Cleverness begreifen

Das Magdeburger Allee-Center vediente sich heute meinen ausdrücklichen Respekt. Das ist ungewöhnlich, neige ich doch nicht dazu, Einkaufzentren Respekt zu zollen, insbesondere wenn diese nur einen minimalen Prozentanteil an für mich Bedeutsamen beinhalten.

Unlängst jedoch eröffnete das Allee-Center neu. Es war nie geschlossen gewesen, doch hatte sich mit einer zusätzlichen Etage bestückt, deren Einweihung am 30.03. zelebriert werden mußte – inklusive der üblichen Gewinnspiele und Luftballonverteilerei. Der 30.03. war ein Donnerstag, und ich begriff, daß es vermutlich keinen besseren Wopchentag gab, um eine Einkaufscentereinweihung zu planen, als den Donnerstag.

Denn wer Zeit und ausreichend Interesse hatte, zwängte sich zu den ebenfalls mit Zeit und Interesse gesegneten Massen und erfreute sich daran, daß eine ganze Etage mehr zur Verfügung stand, um sich auf den schmalen gängen gegenseitig im Weg zu stehen.

Freitag dann kamen all jene Neugierigen, die den Donnerstagstrubel gemieden hatten oder innerhalb der Woche prinzipiell nicht viel Freizeit erübrigen konnten. Das Wochenende stand bevor, und was gibt es Schöneres, als das Eintreffen freier Tage mit einem Einkaufsbummel zu zelebrieren?
Während es Donnerstag also innerhalb des Einkaufpalastes voll gewesen war, schien es am Freitag nicht möglich, sich überhaupt voranzubewegen. Bis heute weiß ich nicht, was es beim Weltbild-Glücksrad so Ergreifendes zu gewinnen gegeben haben muß, daß sich das Warten in einer zwanzig Meter langen Schlange lohnte.

Samstag ist traditionell ein guter Tag zum Einkaufen. Inbesondere sonnige Samstagnachmittage laden dazu ein, innenstädtische Neuerungen zu bewundern und sich in Menschenmassen zu stürzen, um dort das eigene Geld endlich loswerden zu können. Wieder waren die Gänge angefüllt mit zahlungsfähiger Kundschaft, und die Das-Einweihungsdatum-Auf-Den-Donnerstag-Leger rieben sich vergnügt die Hände.

Moment, schaltete sich mein Denken ein, wenn aus den bisherigen zwei Etagen drei wurden, dann verteilt sich die bisherige Besucherschaft, was also bewirkt, daß die Menschenkonzentration bei gleichbleibender Besucheranzahl abnimmt und somit für ein Gefühl von Leere in den Gängen des Einkaufscenters sorgt. Es müßte also, um eine gleichbleibende Konzetration aus Einkaufwilligen zu erwirken, die Anzahl der täglichen, stündlichen, minütlichen Schlenderer auf 150 Prozent erhöht werden.
Ich bezweifelte, daß sich plötzlich, nur wegen einer zusätzliche Etage mit Geschäften, die den bisher vorhandenen teilweise erschreckend ähnlich sahen, zusätzliche Massen finden würden, um die den Menschen-pro-Fläche-Faktor konstant zu halten. Zumindest nicht auf Dauer.

Der 30.03. war ein Donnerstag. Zugleich jedoch befand sich dieser Tag zwei Wochen vor dem Osterwochende, so daß die Einweihung der zusätzlichen Etage gerade recht kam, um den größten Anteil des osterlichen Shopping-Wahns abzugreifen.
Zufall? Niemals!

Als ich vorhin durch das Allee-Center eilte, um meinen freitäglichen Plattenladenbesuch nachzuholen, begriff ich noch eine weitere Sache. Die cleveren Allee-Center-Eröffnungsdatum-Planer beließen es nicht dabei, die Einweihung einer neuen Etage strategisch günstig zu legen, sondern fuhren in bereits altbekannter Weise fort, auch Shoppingsdesinteressenten in ihr Gebäude zu locken, in dem sie für wiederkehrende, ja traditionelle, Attraktionen sorgten.

So wird es mich zu Weihnachten nicht verwundern, wenn der jährliche Bühnentrubel nun eine Etage tiefer staffinden, aber mit größerer, weil dreietagiger, Intensität betrieben werden wird. Und mich wunderte auch nicht, als ich die niedlichen Hoppelhäschen wiederfand, die in jeder Vor-Osterzeit ihr eigenes Allee-Center-Riesenterrarium bekommen.

Denn in der obersten Etage befand sich ein riesiger Glaskasten, auf dessen – komplett mit Streu ausgelegtem, mit Häuschen und Ästen, mit Nahrung und Spielzeug bestücktem – Boden sich eine nicht geringe Anzahl knuffiger Kaninchen tummelten und – natürlich – die Blicke aller Vorbeigehenden auf sich zog. Wer findet denn nicht niedlich, wenn kleine, plüschige Fellwesen lustig umherhoppeln oder an einem Brotkanten knabbern? Und wer wird bezweifeln, daß es Kinder geben wird, die allein um dieser Attrakltion willen ihre Eltern mit nervender Fragerei plagen und zu einem Allee-Center-Besuch bewegen werden?

Selbst nicht unberührt vom Anblick der alljährlichen Niedlichkeit, die um so vieles schlichter und besser ist als der protzig-kitschig-klebrige Weihnachtstrubel, verharrte auch ich ein paar Sekunden, um einem putzigen Langohrtierchen beim Hüpfen zuzusehen und den Allee-Center-Planern innerlich zu ihrer beindruckenden Kundenfang-Cleverness zu gratulieren.

Minuten später verließ ich das Allee-Center, ohne auch nur einen Cent ausgegeben zu haben.

„Magdbeurg“

Würde man mich auffordern, eine Sache zu nennen, die mir an Magdeburg mißfällt, so antwortete ich ohne zu überlegen:
Der Name.
Der Name?, wunderte sich dann mein gegenüber, und ich müßte erläutern:

Es geschieht nicht selten, daß ich das Wort „Magdeburg“ tippe. Die Seite der Uni beispielsweise läßt sich, so man sie nicht als Favoriten gespeichert hat, am schnellsten über „www.uni-magdeburg.de“ erreichen.
Oder wenn ich bei nasa.de, der Fahrplanauskunft des Nahverkehrsservices Sachsen-Anhalts, Straßenbahnabfahrtszeitien erfrage. Oder wenn ich irgendwen oder Mail frage, wann er wieder mal in seine Heimatstadt zurückkehrt. Oder …
Ich vertippe mich immer.

„aMgdeburg“, „Magdebrug“ und vor allem „Magdbeurg“ sind die wenig annehmbaren Ergebnisse meiner Tipperei. Und selbst wenn ich das Glück habe, ausnahmsweise mal „Magdeburg“ getippt zu haben, so bleiben meine Blicke überdurchschnittlich lange ungläubig an diesem Wort hängen, erwartend, doch irgendwo einen Fehler zu finden.

Mein fragendes Gegenüber würde sich wundern: Und das war alles?
Ja, das war alles.

FFFfF: Post für dich

Wenn Kreativität aussieht wie das, was ich heute praktizierte, als ich nach einer Comic-Idee suchte, ist es kein Wunder, daß Künstler oft gleichgesetzt werden mit verlotterten, asozialen Gestalten.
Schließlich saß ich in meinem Sessel und dachte nach. Das Sitzen kam fast einem Liegen gleich, die Augen waren geschlossen. Der Schreibtisch hinter mir quoll über vor Süßigkeitenverpackungsmaterial und Zeichenutensilien.
Da ich ja niemandem über den Weg zu laufen brauchte, hatte ich auch nicht die besten Klamotten an, also eine mit Farbflecken bestückte, ehemals schwarze Cordhose, bei der der oberste fehlende Hosenknopf durch einen Gürtel ersetzt werden muß und einen ausgeleierten Pullover.
Ich saß in meinem Sessel und dachte nach. Für Außenstehende jedoch hätte es ausgehen, als ob ich nach übermäßigem Bierkonsum an Ort und Stelle eingeschlafen war. Die ungebürsteten Haare fielen über meien Schulter und verstärkten den Eindruck der Ungepflegtheit. Ich selbst hätte mich wohl gemieden, hätte ich nicht gewußt, daß dort gerade der heutige Comic entstand…

Und so.


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[Im Hintergrund: Sillste Stund – „An Das Morgenlicht“]

Fluttourismus

Ich bin mir unschlüssig darüber, ob meine Wahrnehmung abstumpfte oder die Berichterstattung weniger dringlich, weniger offensiv, ist als vor vier Jahren. Natürlich – ich besitze keinen Fernseher, kann nicht am Bildschirm die steigenden Pegel verfolgen, die Bewohner aus ihren Häusern verjagen und Zeichen der Zivilisation im Wasser versinken lassen. Doch bereits 2002 besaß ich keinen Fernseher – und war mir dennoch der Gefährlichkeit der Lage bewußt.

Ganz im Gegensatz zu heute. Die Flut streift mich nur peripher, und obwohl irgendeine Studentenparty aufgrund von Hochwasser ausfallen mußte, bleibt mein Flutdesinteresse bestehen. ‚Die Party wollte ich sowieso nicht besuchen. Mich betrifft das nicht.‘, stelle ich fest und widme mich anderen Sorgen.

Vielleicht liegt es an den Medien, daran, daß vor vier Jahren die Flut zu einer deutschlandweiten Bedrohung aufgewertet wurde, jeder Bewohner in Flußnähe sich von Panik getrieben gezwungen sah, die Pegelstände mit der Höhe des eigenen Wohnraums abzugleichen. 2002 sprach man von einer Jahrhundertflut, und schon damals wunderte ich mich, wie man so tolldreist sein konnte, diesen Superlativ in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts bereits zu verbraten. „Jahrhundertflut“ kann man schwerlich überbieten – und allein die Wiederholung des Wortes läßt mein Desinteresse wachsen. Die Flut steigt höher als vor vier Jahren – doch das Wort „Jahrtausendflut“ läßt auf sich warten.

Im Jahre 2002 wohnte ich noch in relativer Elbnähe. zwischen meiner Erdgeschoßbehausung und der steigenden Elbe lagen nur ein See und ein nicht einschätzbarer Höhenunterschied. Da meine damalige Mitbewohnerin im Urlaub verweilte und auch ich zu meinen Eltern fahren wollte, traf ich Vorsichtsmaßnahmen, schleppte in mehreren Fuhren wichtiges Gerät und bedeutsame Unterlagen in eine befreundete WG. Selbiger, im Dachgeschoß befindlich, drohte keinerlei Flutwassergefahr, und die Wohnung war groß genug, um meinen Kram aufnehmen zu können. Tatsächlich hatte ich ohnehin vor, alsbald hier einzuziehen und freute mich, die Hälfte des Umzugs bereits erledigen zu können.

In der elbnahen Wohnung achtete ich sorgsam darauf, alles in Bodennähe Befindliche nach oben zu verlagern. Möbel und Tapete würden Schaden nehmen; doch ich hatte mein Bestes getan und konnte beruhigt die Heimreise antreten. Die Beruhigung hielt allerdings nicht lange an, denn am Ziel meiner kleinen Reise befand sich ein Fernseher, der mich minütlich über die gefährlichen Hochwassersituationen, über die Jahrhundertflut, informierte. Die Seiten der Magdeburger Feuerwehr gaben mir bereitwillig Auskunft über die aktuellen Pegelstände, lieferten mir Zahlen und Differenzbeträge – doch teilten mir nicht mit, ob meine alte Wohnung bereits unter Wasser lag oder nicht.
Um mich abzulenken, ging ich hinaus und bewunderte den Pegelstand der Saale, der keinen Zentimeter gestiegen war. Die Jahrhundertflut mitsamt ihren Bildern saß fest in meinem Kopf.

Irgendwann war alles vorbei; Magdeburg war – abgesehen von wenigen Gebäuden in Elbnähe – verschont geblieben, nicht zuletzt dank der Hilfe fleißiger Sandsackschlepper, die mir, dem in die Ferne Geflohenen, ein schlechtes Gewissen vermachten. Nach ein paar Wochen kehrte ich nach Magdeburg zurück, erledigte den Rest des Umzugs und war froh, daß die Jahrhundertflut vorüber und ich fortan in höherem Stockwerk wohnte.

Die diesjährige Flut berührte mich kaum. Die alten Bilder erschienen erneut, doch zu sehr war ich darauf versteift, daß eine Jahrhundertflut nicht bereits nach vier Jahren wiederholt werden dürfte, um der medialen Übertreibung Glauben schenken zu wollen. Erst, als ich von Dresden hörte, von Pegelständen [Dieses Wort stellt einen guten Anwärter zum Wort des Jahres dar, nachdem „Jahrhunderthochwasser“ bereits ausgelutscht ist.], die die alten Rekordmarken übertrafen, wurde ich nachdenklich. Aber nur kurz. ‚So schlimm wird es schon nicht sein.‘, dachte ich, hoffte ich.

Gestern beschloß ich, den Magdeburger Stadtpark aufzusuchen. Selbiger, von zwei Elbarmen eingeschlossen, sollte – Erzählungen anderer zufolge – wohl partiell unter Wasser stehen, doch Fluttourismus war nur mein sekundäres Ziel. Primär wünschte ich mir, einen trockenen und menschenfernen Platz zu finden, an dem ich kontrolliert Dinge in der Luft umherwirbeln konnte. Ich packte also meine Keulen und Bälle ein, doch verzichtete nicht auf einen Fotoapparat. „Grüße aus Magdeburg“, wollte ich in meine Heimat senden, begleitet von einem beeindruckenden Hochwasserfoto.

Schon bevor ich am Stadtpark ankam, sah ich elbnahe Überflutungsbereiche. Eine Skulptur, ein paar Bänke und säuberlich geschnittene Hecken waren im Wasser versunken. Aus einem Papierkorb war eine gelbe Plastiktüte herausgeschwemmt worden und trieb nun auf dem Wasser dahin.
Ich lief weiter und begriff schnell: Hochwasser ist vollkommen unspektakulär – solange nicht Zeichen menschlicher Zivilisation davon betroffen sind. Käme ich als Nicht-Magdeburger zum Stadtpark und sähe die überfluteten Flächen, so hielte ich es für die Elbe oder einen der Parkseen, wüßte nicht, wo das echte Wasser aufhörte und das falsche begann. Ich wäre wenig beeindruckt.

Doch als Magdeburger kannte ich die Wege, kannte ich die Rasenflächen, die nun nicht mehr zugänglich waren, kannte ich die Stellen, an denen ich sonst verweilte, die nun vom Wasser verschluckt waren. Ich sah Schilder, die aus den Fluten ragten, sah Schaukeln auf einem Kinderspielplatz, die wohl nur die allgegenwärtigen Enten nutzen konnten. Mit einem ironischen Lächeln bedachte ich die Entdeckung, daß das Spielplatzschiff nahezu gekentert war.
Ich lief durch den Park, war mir nicht zu schade, mit durchweichenden Schuhen unwegsame Stellen zu betreten, um mich von allen Seiten vom Wasser eingeschlossen zu sehen. Ich fand keinen Platz, der nicht durchweicht war, auf der ich mich hätte ausbreiten und der Jonglage widmen können. Alles Rasengrün war nun von trübem Wasser bedeckt, in dem sich das Frühlingssonnenlicht spiegelte. ‚Romantisch.‘, dachte ich und lächelte.

Zum ersten Mal hatte mich die Flut bewegt, wirklich berührt. Die Bilder von vor vier Jahren waren letztendlich nur Fernsehen gewesen, nur zuammengeschnittenes Material ohne Leben. Aber hier konnte ich die Kraft der Fluten spüren. Reglos lag das Wasser auf dem, was Mensch sein Eigen nannte und verwehrte ihm den Zutritt. Mensch konnte nur betrachten, nur staunen und glotzen.

Denn die Stadtpark-Flut war ergreifend schön. Bäume ragten aus dem Wasser, bildeten mystische Dschungelwälder. Wege endeten in den Fluten, Rehe sammelten sich auf den wenigen trockenen Plätzen. Unter dem hellblauen Himmel und der strahlenden Sonne schien vom Wasser keine Gefahr auszugehen. Es war groß, gewaltig, majestätisch, aber friedlich, schlummernd. Eine Urgewalt, doch gewaltlos.

Ich hielt inne, wo ich konnte, und starrte auf das reglose Wasser. Und mit mir Hunderte anderer.

Ich war nicht allein. Den sonnigen Nachmittag hatten sich unzählige Fluttouristen auserkoren, um zu staunen und sich feuchte Füße zu holen. Fotoapparate wurden gezückt, Familien zeigten kreischend auf die panisch Schutz suchenden Rehe, liefen in großen Gruppen auf den unversehrten Wegen.
Derer gab es genug, um einen Rundgang zu ermöglichen, Die asphaltierte Straße lag höher als der Rest des Parks und lud zum Schlendern und Bewundern ein. Hier ragte ein Berg aus dem Wasser, dort ein Schild. Eine Ente, wo sonst keine hätte sein dürfen, erfreute sich großer Beliebtheit.

Ich fand keinen ruhigen Ort, und nachdem ich der vielen Schaulustigen überdrüssig geworden war, die gewaltige Kraft des Wassers ansatzweise erfaßt hatte, war ich froh, auch ohne jongliert zu haben, nach Hause zu laufen, den Park zu verlassen, der mich zum ersten Mal erahnen ließ, was „Jahrhundertflut“ überhaupt bedeutete.

FFFfF: Krakelei

Der heutige Comic kommt völlig ohne Sprechblasen aus.
Das war ursprünglich nicht so geplant gewesen, doch irgendwann gefiel es mir besser, Fred nichts sagen zu lassen. Tatsächlich wollte ich sogar völlig auf Wörter verzichten, doch ich mag die Comic-Sprache viel zu sehr, als daß ich mir die Gelegenheit entgehen lassen würde, sie hier intensiv zu nutzen.

Noch was: Da ich es auf mehreren Seiten bisher sah, daß irgendwer sich erdreistete, einen amazon-Wunschzettel zu generieren und online zu stellen, habe ich das auch mal gemacht. Dazu gibt es jetzt rechts unten einen netten Button, der auf die entsprechende Seite verlinkt.
Es sei jedoch erwähnt, daß ich das eher als Scherz und als Selbsterinnerung betrachte, und daß sich, auch wenn ich mich über jedes der derzeit 90 Teile sehr freuen würde, niemand dazu verpflichtet fühlen muß, dem nachzugehen…

Und so.


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[Im Hintergrund: Placebo – „Meds“]

FFFfF: Nachgefragt

200!!!
Es ist geschafft! Der heutige Comic ist der 200.Fledermaus Fürst Frederick fon Flatter„-Comic, den ich zeichnete [sieht man von den beiden Comics ab, die Frederick überhaupt erst entstehen ließen].
Das ist ne feine Sache, weswegen ich ein wenig auf die Idee von lacrimamira einging, alle Figuren, die es je gab innerhalb dieses Comics [abgesehen von den beiden Menschen, der Schlang, den Vögeln, dem Engelchen, dem Teufelchen, den zahlreichen, Blumen, Bäumen und Äpfeln, ..] gab, unterzubringen.
War gar nicht so leicht, ist aber gelungen. Irgendwie.

Und als Bonus gibt es nach dem Comic noch Bilder von der ersten Frederic-Plüschfigur, die ich, der keine Ahnung von Nadelarbeiten hat und froh ist, einen Knopf an die Hose genäht zu bekommen [das habe ich in meinem Leben erst einmal gemacht – ungefähr vor zwei Monaten], eigenhändig nähte und … verschenkte.

Und so.


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[Im Hintergrund: Cradle Of Filth – „Midian“]

Und ich finde mich, auf eiskaltblauen Fliesen hockend, ein Handtuch vor den Mund gepreßt, das meine Schreie fängt. Ich befürchte, mich könnte jemand hören – und wünsche es mir zugleich.

FFFfF: Geträumt

Irgendwo las ich mal, daß es ein gutes Gefühl bringt, sich täglich zu überlegen, was man heute zum ertsen Mal tat.
Ich zeichnete heute zum ersten Mal einen Fred-Comic bei McDonalds. Dabei störte mich ein Jugendlicher, der in Begleitung von drei weiblichen Wesen lautstark den Macker heraushängen ließ, so sehr, daß ich ihn bitten mußte, etwas leiser zu sein. Die Reaktion bestand in vernuschelten Beleidgungen, offensichtlich irgendwelchen Filmen oder Liedern entnommen, jedenfalls nicht auf eigenem Mist gewachsen [und vermutlich noch nicht einmal vollständig inhaltlich erfaßt], gekrönt von der Bemerkung, dies sei ein Platz zum Essen und nicht zum Hausaufgabenmachen.

Nun ja.


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[Im Hintergrund: Saltatio Mortis – „Das Zweite Gesicht“ — Nachdem ich heute mal wieder mit Keulen jonglierte, kann so ein leicht mittelalterlicher Hauch nicht schaden…]

Besuch

Ich hatte erwartet, gehofft, diesmal würde es anders sein.
Als du dich verabschiedetest, blieb ich nicht zurück. Meine Wege warteten, begangen zu werden, Menschen umschwirrten mich mit ablenkenden Worten und Gesten, mit Lachen und Lebendigkeit. Ich konnte mich vor mir verstecken, irgendwo, wo man mich aufnahm und glauben ließ, diesmal würde es anders sein. Als du gingst, hinterließest du mich in einem selbstgestrickten Wirrwarr, das mich kleidete, wie ich meinte, das mich auffing und mein Lächeln bewahrte.

Ich begann, die Vergangenheit in Frage zu stellen. Nicht vorstellbar war es, daß ich früher nach deinen Besuchen mehrere Tage lang unfähig gewesen war, mich zu rühren, mich von der Allgegenwart der Gedanken zu lösen. Nicht vorstellbar war es, daß ich einst stundenlang alles aus deinem Mund Ertönte noch einmal belauscht hatte, als könnte ich darin tiefere Weisheit, Erkenntnis, finden, als führten die verklungenen Laute Spuren dessen mit, was mich in deiner Gegenwart so glücklich gemacht hatte.

Das war nicht ich, der dort bei dröhnendem Lärm Stille suchte, Stille vor sich selbst, Stille vor dem Wissen um die ewige Vergeblichkeit seines Fühlens, Stille vor den Ruinen, die ein einziges Lächeln in seinem Schädel freigelegt hatte. Das war nicht ich.

Ich war das Wesen, das sich nun lachend unter Menschen mischte, sich amüsierte und Wohlbefinden aufsaugte, als könnte es dein Fehlen ersetzen. Ich war das Wesen, das erwartete, diesmal würde es anders sein.

Nur wenige Zentimeter vor meinen Augen hattest du in unberührbarer Ferne geschlummert – ein zerknittertes Shirt und ein zerzaustes Büschel Haare waren alles, was die Decke nicht verbarg. Mir war es genug, genug, um zu wissen, was ich immer wußte. Dein Atem, von Schnupfen mit Schwere belegt, zeugte von deiner Gegenwart, und ich lächelte, dankbar dafür.

Dich nun, in diesen Augenblicken, zu berühren, meinen Schlafsackraupenkörper in die Nähe deines zu rücken, wäre ein Frevel gewesen, ein Gewaltakt an der Wehrlosigkeit der Schlafenden. Ich verharrte still, zu keiner Bewegung, zu keinem Laut imstande, dich nicht stören wollend in deiner Knitter-T-Shirt-Wirrhaar-Pracht. Dich zu wecken hätte bedeutet aufzustehen, das hauchdünne Band wieder zu zerreißen, das meine Sehnsucht zwischen uns gesponnen hatte.

Am Abend zuvor hatten wir uns in samtroten Sofakissen gekuschelt und geredet, und endlich war es mir geglückt, Fragen zu stellen, deren Antworten mich interessierten, am Dasein eines Mitmenschen teilhaben zu wollen. Wir redeten, und ich badete in dem, was sich aus deinem Herzen ergoß.

Die Intensität, meinte ich schließlich, sei mir abhanden gekommen. Es gebe das Gute und das Schlechte, das Schöne und das Unangenehme, doch nichts davon berühre mich wirklich, nichts davon risse mich auf, nichts davon erreiche mich im Innersten. Es gebe Menschen, denen Sympathien zuteil wurden; und doch fehlte der letzte Schritt, der letzte Schliff. Es gebe Ereignisse, die mein Lachen fanden; und doch vermißte ich das „mehr“, die Grundsubstanz, irgendetwas, fernab meiner schimmernden Oberfläche.

Die Intensität sei mir abhanden gekommen, behauptete ich, doch ich ahnte, daß ich gelogen hatte. Allein das Wissen um deinen Besuch hatte das Fehlende zurückgeholt. Und doch glaubte ich, daß diesmal alles anders sein würde.

Der Tag danach war angefüllt mit mir. In der Stille der Dinge, die ihrer Erledigung harrten, fand ich das Altbekannte. Nichts war anders.

Mit Trägheit befüllt versuche ich mich, durch die Zeit zu schlagen, Notwendiges über mich ergehen zu lassen, meinen Schädel mit Leere zu füllen.
Doch meine Finger zittern, und Tränen lauern in meinen Augen.

Ich kreise um dich, und nichts ist anders.

[Im Hintergrund: Stillste Stund]