Die intensive Beziehung zwischen Politik und Medien ist längst bekannt und anerkannt. Niemand wundert sich mehr darüber, wenn ein Kanzler Schröder gewinnend in die Kamera lächelt, wenn das Treffen bedeutsamer Staatsmänner medienintensiv ausgeleuchtet wird, wenn der US-Präsidentschaftskandidat ein Kleinkind in den Armen hält oder über die neueste Frau des Außenministers hergezogen wird. Medien sind Teil der Politik, sorgen als Informationsübermittler dafür, daß politische Entscheidungen dem gemeinen Volk nahegebracht werden.
Daß dadurch den Medien große Macht innewohnt, dürfte auch niemanden mehr überraschen. Einseitige Berichterstattung, polemisierende Schlagzeilenrhetorik, imagevernichtende Privatgeschichten der Volksvertreter – die Liste der Möglichkeiten, durch Medien bestimmte Meinungen zu bilden, ist lang. In den letzten Jahren jedoch setzte sich eine Art der Meinungsbildung durch, bei der das Volk als richtungsweisender Souverän bewußt außen vor gelassen wurde. Medienspektakel zelebrierten Negativereignisse und stellten mit riesigen Lettern die Frage, wann endlich etwas dagegen geschehen würde.
Die Politik reagierte prompt – mußte ihr Gesicht wahren, initiierte Presseversammlungen, Gesetzesentwürfe und zuweilen auch -änderungen. Den Medienstimmen wurde genüge getan, ein Opfer dargebracht. Das grausame Raubtier Meinungsbilder jedoch sucht bereits nach dem nächsten Stück Fleisch, auf das zu stürzen sich lohnen könnte – natürlich in Abhängigkeit von Auflagenstärke und Einschaltquoten.
Jedoch stellt sich die berechtigte Frage, inwieweit der Medienrummel überhaupt politisierend sein darf.
Wenn unkontrollierbare Wolfsnachfahren Menschen verletzen, inszeniert die Medienlandschaft ein Bild aus Schrecken und Bedrohung – Kampfhundgesetze werden gefordert. Die Menschmassen ist alarmiert, reagiert entsetzt, wendet sich an die Politik. Doch auch die Politker lesen Zeitung, sehen ihr Image in Gefahr, beratschlagen.
Wenn möglicherweise verfassungswidrige Gruppierungen zu Volksvertretern mutieren, stöhnen alle Medien, erinnern zaunpfahlwinkend an die blutige Geschichte der Nation und fordern Gegenmaßnahmen. Das Volk ist polarisiert, die Politik erst recht. Beschränkungen der Versammlungsfreiheit werden ausdiskutiert; der Verfassungsschutz läßt sein wachendes Auge kreisen.
Wenn dem einstmals befreundeten Ausland Terrorgefahr zu drohen scheint, spielen die Medien bewußt und manipulativ mit Angst und Schrecken, schüren das alte Feuer der Angst. Der Terrorismus muß bekämpft werden – auch im eigenen Land, wenn möglich präventiv. Die Politik reagiert. Die zitternde Masse dankt für Maßnahmen, die sie in friedlicheren Zeiten als Bedrohung empfunden hätte.
Wenn in den Vereinigten Staaten eine Komapatientin, deren gehaltlose Scheinexistenz nur noch von Maschinen ermöglicht wird, aufgrund des Willens des Ehemannes, vielleicht gar aufgrund ihres eigenen Willens, von ihrem Dasein erlöst, ihres Lebens beraubt, werden soll und ihre Eltern sich hilfesuchend an höhere Politiker, gar an den Präsidenten selbst, wenden, dann ist die Zeit gekommen zu handeln. Zugunsten eines einzigen Menschenlebens werden die Belange von Millionen vernachlässigt – das sensationsheischende Medienauge übt Zwänge aus, denen man sich nicht zu entziehen vermag. Die Politik muß eilig reagieren; in höchster Geschwindigkeit wird die unfreie Meinung des Volkes durch entsprechende Gesetze untermauert: Terri Schiavo soll leben, egal ob sie es wollte oder nicht. Hugh, die Medien haben gesprochen.
Groß ist die Gefahr des Mißbrauchs; leicht kann die wankende Meinung in falsche Richtungen neigen, von Medien auf falsche Wege gelenkt werden. Medienfreiheit darf nicht beschränkt werden. Jegliche Verantwortung aber liegt auf Seiten des Konsumenten.
Ein trauriges Schicksal: Der blonde, blauäuige Peter Stein wurde von einem bösartigen Vetreter jüdischen Glaubens mißbraucht und brutal zerstückelt. Auf allen Fernsehsendern sieht man die reindeutschen, blutveschmierten Körperteile und das grimmige Antlitz des hinterhältigen Juden.
„Hitler hatte recht!“, proklamieren die Medien, „Die Juden sind unser Unglück!“.