Zeitlos

Ich wünschte, ich könnte für einen Augenblick die Zeit anhalten, jede Bewegung stoppen, jedes Geräusch in Stille wandeln und in diesem winzigen Moment mich auf die Suche nach mir selbst begeben, nicht länger abgelenkt durch Gedanken, nicht länger bewegt durch Bilder, durch Worte, durch Klänge, nicht länger beeinflußt durch das Leben.
Ich wünschte, ich könnte mich selbst betrachten, wie ich still stehe, zu Stein erfroren, könnte mir in die Augen blicken und erkennen, wer, was, ich bin, was ich träume, was ich suche.
Ich wünschte, ich könnte mir ins Ohr flüstern, was ich will, mir selbst Zeilen in den Sinn setzen, die unvergänglich in meinem Schädel verblieben und mich wissen ließen, daß irgendwo ein Leben meiner harrt.
Ich wünschte, ich meinen Körper in die Hände nehmen und ihn drehen, der richtigen Richtung entgegen, dorthin, wo der bessere Pfad sich durch mein Dasein schlängelt.
Ich wünschte, ich könnte heimlich ein Taschentuch hervorzaubern und meine Tränen wegwischen, die herabhängenden Mundwinkel nach oben zerren und mit wunderlich-magischem Glitzerglanz ein Funkeln in meine trüben Augen malen.
Ich wünschte, ich könnte mir sagen, daß alles gut werden wird.

Und dann sehe ich der Zeit zu, wie sie zur Wirklichkeit schmilzt, sehe mir selbst zu, wie ich beginne, das Ersehnte zu finden.

Was schenkt man einem Toten?

Einen kalten Stein, der einen unvergeßlichen Namen trägt, der unvergänglich verharrend einem grauen Himmel entgegenstrotzt?
Einen Strauß gelb leuchtender Blumen, von der Schönheit des Lebens berichtend und doch selbst in Bälde welkend?
Einen Topf mit zarter Pflanze, noch blühend, doch dem eisigen Frost und der eigenen Vergänglichkeit ausgesetzt?
Ein lächelndes Gesicht, mit fröstelnder Hand in den Schnee gezeichnet, im ersten Sonnenstrahl zerfließend?
Einen Gedanken, der in Liebe zu zerfließt und die Gewißheit birgt, nicht zu vergessen und sich jederzeit erinnern zu wollen?

Vielleicht nichts von alledem.
Vielleicht auch alles.
Vielleicht…

Widerliche Wendungen

Zu den Formulierungen in der deutschen Sprache, die mir am auffälligsten mißfallen, gehört eindeutig

im Endeffekt.

Tatsächlich bemerkte ich schon desöfteren, daß diese Wortgruppe vor allem in mündlicher Rede sehr gern angewendet wird, um einen elegant klingenden Lückenfüller als Ersatz für das wenig ansprechende „Ähh…“ zu benutzen. Nicht selten erlebte ich eine Aneinanderreihung von Sätzen, die allesamt mit „Im Endeffekt“ begannen, doch keinerlei Schlußfolgerung oder ähnliches beinhalteten. Zu Spielergebnissen befragte Sportler können ein rhetorisch mißtönendes Liedchen davon singen.

Besonders supekt jedoch wird es, wenn beispielsweise selbst höhere Gewerkschaftsfunktionäre vor den Pforten eines bestreikten Betriebs mehrfach zu dieser Formulierung greifen und dabei auch noch einen unappetitlichen Aussprachefehler einfügen, den ich mit tiefster Mißgunst zu belegen gewillt bin.

Denn nicht selten wird „im Endeffekt“ so ausgesprochen, als schriebe man „im Ende Fekt“. Das klingt nicht nur unglaublich albern, sondern überzeugt auch den letzten Hörenden davon, daß der Sprechende keine Ahnung von dem zu haben scheint, was er gerade in den Mund nahm.

Schade eigentlich.

nur ein traum

feuerroter augenblick
als dein blick den meinen findet
kreise zieht
wie um zu suchen
lichtbegierde mir entweiht
als ich fern von mir erwache
tiefer sinkend mich verlier
träumend deinen namen ahne
als dein lächeln mich erhellt
mich entführt
in deine sinne
als kein wort mich noch erreicht.

flammengreller augenblick
als dein auge mich erkundet
mich verzaubert
mich verziert
streichelnd meine tränen flüstert
krallend sich in sehnsucht schlägt
mir das herze zerrt zu wunden
mir die liebe nennt als weg
als dein atem leben kündet
meiner brust den atem nimmt
als ich tränend dich erträume
dich erfinde
dich verlier.

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