Pfefferminztee mit Kümmelaroma

Eben rief meine Oma an, erkundigte sich danach, wie es mir ginge. Ich war verwundert, klang doch ehrliche Besorgnis aus ihrer Stimme.
„Mir geht es gut.“, sagte ich und meinte es ernst.
Und dann erinnerte ich mich.

Am Sonntag Nachmittag zelebrierten wir in kleinem Kreise ihren 75. Geburtstag. Es gab Schwarzwälder Kirschtorte und Rhabarber-[Dieses Wort muß ich immer wieder nachsehen…]Kuchen. Äußerst lecker. Dazu kredenzte meine Oma auf jeden persönlich abgestimmte Getränke. Während meine Großeltern „normalen“ Kaffee trinken wollten, bevorzugte meine Mutter starken. Mein Bruder erhielt Milch, ich dagegen Tee.

Eine meiner favorisierten Teesorten ist Pfefferminz. Dessen war sich meine Oma bewußt und hatte einen entsprechenden Teebeutel ausgewählt. Allerdings mußte ich beim ersten Probieren des Tees feststellen, daß nicht nur dessen Farbe ungewöhnlich un-grün, sondern auch dessen Geschmack wenig pfefferminzig war. Ich glaubte, eine Spur von Kümmel schmecken zu können – durchaus nicht normal für Pfefferminztee – und fragte nach.

Sie spurtete in die Küche und kam mit der Pfefferminzteepackung zurück. In ihr befanden sich Teebeutel verschiedener Sorten – nur keine Pfefferminze.
„Brennesseltee.“, las meine Oma, zog einen entsprechenden Beutel hervor und glaubte, die Lösung für den fremdartigen Geschmack meines Tees gefunden zu haben.
Ich blickte zweifelnd. Das war auch kein Brennesseltee.

Sie fischte einen weiteren Beutel aus der Packung. Dieser war extra verpackt, in eine Plastikhülle eingeschweißt.
„So einen hatte ich.“, versicherte sie mir, „Ich mußte die Tüte extra aufschneiden, um an den Beutel zu kommen.“

Ich nahm den Beutel in die Hand. Auf ihm waren allerlei blühende Kräuter abgedruckt.
„Abführtee“ war darüber zu lesen.
Na toll.

Amüsiert probierte meinen Tee nochmal. Er schmeckte eigentlich ganz gut, vernachlässigte man das leichte Kümmelaroma. Meine Oma war schon aufgesprungen, mir neuen Tee zu kochen – Pfefferminz diesmal.
„Nicht nötig.“, sagte ich und trank noch einen Schluck. Er schmeckte wirklich ganz passabel.

Noch immer zweifelnd setzte sich meine Oma wieder. Wir verspeisten große Teile des Kuchens, und ich trank gemütlich zwei oder drei Tassen Abführtee.

„Und?“, fragte meine Oma nun am Telefon, „Mußtest du im Zug dauernd auf Toilette? Du bist ja derartiges nicht gewöhnt.“
„Nee, nee.“, lachte ich, gerührt von ihrer Sorge um mich.