Rosa und die Stadtfestschläger

Auf einer der üblichen Bierzeltholzbänke sitzend, meine Begleiterin mit dem augenscheinlichen Genuß eines schokoladenüberzogenenen Weintraubenspießes quälend wunderte ich mich doch nicht wenig, als drei junge Menschen an uns herantraten. Sie waren allesamt ziemlich businessmäßig gekleidet und hätten seriös gewirkt – wäre da nicht dieses verdächtige Rosa gewesen.

Meine Begleiterin war gerade intensiv in das Verfassen einer Kurznachricht versunken, als eine der drei Personen, genauer: die einzige Frau, das Wort an uns richtete:

„Seid ihr bei D1?“
„T-D1, meinen Sie?“
„Ja, sicher.“

Sie schaute mich entgeistert an, als gäbe es noch ein anderes D1.
Ihre beiden männlichen Begleiter grinsten, scheinen eher Bewacher als Vertreter zu sein. Vielleicht noch nicht einmal Bewacher im Sinne von „Beschützern“, sondern im Sinne von „Überwachern“ von der Telekom abkommandiert, um der jungen Dame zuzuschauen, wie sie versuchte, wildfremden Menschen Mobilfunkverträge aufzuhalsen.

Sie erledigte ihre Arbeit nicht unbedingt gut. Schließlich war sie sichtlich nervös und stotterte. Auch mußte sie sich zu uns herunterbeugen, damit wir sie in dem Akustikrummel um uns herum überhaupt verstehen konnten, wodurch der Wind ihre Locken ins Gesicht wehte.

„Nein, wir sind nicht bei T-Mobile.“, sagte ich. „Allerdings auch nicht interessiert.“

Ich wendete mich ab. Meine Begleiterin war noch immer mit ihrer Kurznachricht zugange.
Doch die junge Dame gab nicht auf. Vielleicht wollte sie aufgeben, wurde aber von versteckten Waffen unter den Jackets der beiden hinter ihr Stehenden genötigt, ihr albernes Gespräch weiterzuführen.

„Aber ihr bekommt von mir eine Karte. Kostenlos.“

Ich ignorierte sie. Meine Begleiterin setzte schon wieder zu einer iher albernen Ausreden an. Doch die Telekom-Tante unterbrach sie.

„10 Euro. Ich schenke euch eine Karte mit 10 Euro Guthaben drauf.“
„Nein, danke.“, antwortete ich, ignorierte sie nun vollends.

Die beiden Bewacher wendeten sich ab. Das schien das Zeichen zu sein, daß sie genug gelitten hatte, denn jetzt wagte es auch die junge Frau, von uns abzulassen und den beiden zu folgen, die vermtulich schon das nächste Opfer aufgegabelt hatten.

Während die akustische Welt um uns herum in miesen Dancefloorohrwürmern, bassverdreckten Schlagerhits und lächerlichen Schlumpf-Coversongs versank, lauschte ich meinen Gedanken und versuchte eine Antwort auf die Fragen zu finden, wie armselig T-Mobile dran sein mußte, wenn sie junge Frauen dazu nötigte, auf Stadtfesten Mobilfunkverträge zu verticken, ob ich die Vertreterin von den vermutlich massiv bewaffneten Schlägern hinter ihr hätte befreien, erlösen sollen und ob meine Judokenntnisse aus der ersten und zweiten Klasse dazu ausgereicht hätten…