FFFfF: Polaroid

Nachdem ich den gesamten gestrigen Tag damit verbrachte, meinen Rechner zu renovieren, durfte ich nun feststellen, daß mein Bildbearbeitungsprogramm ebenso abhanden kam wie die alten Fred-Scans. Glücklicherweise fand ich zumindest für letzteres einen provisorischen Ersatz, der mir zeigte, daß mit schnellerem Rechner auch mein alter Scanner flinker arbeitet.

Und so kann ich meinem Vorhaben, jeden Tag einen „Fledermaus Fürst Frederick fon Flatter“-Comicstrip zu veröffentlichen, treu bleiben und präsentiere nun die Nummer 12, allerdings nicht, ohne noch anderthalb Worte darüber zu verlieren.

Denn schließlich folgte ich heute dem Wunsch der geschätzten Mandy, einen Fotoapparat unterzubringen. Es tut mir wirklich leid, daß es nur eine Polaroid-Kamera wurde. Doch geschah das aus dramaturgischen Gründen [Wow, ich höre mich wichtig an…].

Wer nun daran zweifelt, daß im ersten Bild eine Polaroid-Kamera zu sehen ist, möge mir erklären, wie es denn sonst sein kann, daß Fred schon im dirtten Bild den Abzug in der Hand hält.
Außerdem ist der Wurm ein exquisiter Fotograf, der sich auf Polaroid spezialisiert hat und derzeit gar keine andere Kamera bedienen würde…

In diesem [oder – von mir aus – auch einem anderen] Sinne.


[Bild klicken für eine geringfügige Vergrößerung.]

[Im Hintergrund: Opeth – „Deliverance“]

Abschied

Ich stehe auf. Mein letztes Wort verklang schon vor Minuten, doch nicht einmal dein Blick streift mich noch. Ich betrachte dich, vergrabe meine Hände tiefer in den Taschen, als fände ich dort, was ich suche, was deinem Atem fehlt.

Ich seufze, erwarte längst nicht mehr, daß du reagierst, daß du aufsiehst, gar lächelst, dich aus den grauschwarzen Papierzeilen befreist, hinter denen du dich versteckst.
Gedankenlos räume ich mein Geschirr in das Spülbecken, mein eigenes, lasse deines auf dem Tisch stehen, als gehörte es zu einer fremden Welt.

„Zu verschieden.“, hallt es in mir nach, und ich wundere mich, warum ich noch immer mit dem Kopf schütteln, aufbegehren, widersprechen möchte, noch immer in Frage stelle, was du als finsteren Schlußpunkt zwischen uns setztest.

‚Kämpf doch!‘, schreit die heisere Stimme in meinem Schädel, gellt mir Vergangenheiten ins Ohr, als würde ich mich nicht erinnern können. Doch kann ich nicht länger kämpfen, schlurfe kraftlos durch den Flur, lasse dich hinter mir zurück, umhüllt von kalter Ignoranz.

Zu oft perlten unsere Tränen zu Boden, zu oft flogen Fetzen, verzweifelte Rufe, versteinerte Silben durch die Luft, zerschmetterten die gläsernen Masken, unter denen wir heimlich jede Sekunde in Frage stellten.
Doch es gab kein Zurück, und je häufiger ich fragte, je weniger ich verstand, desto tiefer versankst du im Morast ungesagter Worte. Verstummt klaubtest du deine Gründe, deine Richtung, aus abgewetzten Zeilen fremder Schreibe, aus abgetragenen Wortgerüsten zungenschwerer Münder.

Ich glaubte dir nicht, doch liebte zu sehr, um belogen zu sein, atmete zu heftig, um dich noch einmal verstehen zu machen.
‚Halt inne.‘, wollte ich flüstern, doch du warst längst fortgeeilt, den eisigen Winden hinterher, als könnten sie dich halten. Meine Klänge schwebten dir nach, wisperten einen Namen in den Orkan, der einst meiner war, doch nun in tosendem Heulen verblaßte.

Nun sitzt du am Tisch, als hättest du längst vergessen, als wäre ich in von fremder Gestalt, ein Wesen, deines Anteils nicht würdig. Säße ich noch, so würdest du reden, von Dingen, von Menschen, von Heute. Leere Blasen würden zwischen deinen Lippen hervorquellen und unhörbar zerplatzen. Ich säße da und erschräke mich mit jedem lautlosen Knall, mit jedem geistlosen Klang, der deine Zunge verließe, könnte mich nicht halten, dich zu küssen, deinen Mund mit Wärme zu schließen, mit Wonne zu füllen.

Doch ich stehe auf, räume ab, betrachte die Schaufensterpuppe auf deinem Stuhl, gegen deren Gesicht ich einen Stein, einen Diamanten, werfen möchte, auf das es zerbräche, in Scherben zerfiele und dich freigäbe, dich, wie du unter der Keramik lachst und weinst, wie du dort lebst, allmählich zu ersticken drohst an deiner eigenen Wirklichkeit.

Ich klaube meine Jacke vom Stuhl, versenke mich darin, erinnere mich an deine Wange auf diesem Stoff, rosig schimmernd im Anlitz eines Winters, dessen Kälte uns nicht zu erreichen vermocht hatte. Deine Blicke, als du nach oben schautest und das Funkeln in deinen Augen dich an mich verriet.
„Halt mich.“, flüsterte es, und ich barg deinen fröstelnden Leib in meinen Armen.

„Bis denn.“, mein heiseres Krächzen kratzt an der bleiernen Stille, hallt wider von den Mauern deiner Gedanken. Die Stimme versagt, als ich das Wort an dich richte, eine letzte Reaktion begehre, die rechte Hand unsicher zu einem lässigen Abschiedsgruß hebend.

Doch du schweigst, verhüllst dich in den Schleier stummer Reglosigkeit, der dein Schneckenhaus ward, seitdem die teilenden Worte zwei Nichtwelten gebärt hatten. Wie ein verlassener Planet treibst du an mir vorbei, und nicht mein Licht, nicht mein Echo, vermag dich noch zu rühren.
„Wer bist du?“, frage ich mich wieder und wende mich ab, ab von dir, ab von meiner Vergangenheit, ab von dem Schmerz, als könnte ich ihn zurücklassen, hinter mir vergessen, als wäre er nicht Teil eines jeden meiner Wege.

Die Türklinke schenkt mir einen kalten Kuß, die Dielen seufzen traurig unter meinen Sohlen, nehmen knarrend Abschied.
‚Ich komm nicht wieder.‘, begreife ich. Weglos drängt sich de Zukunft vor meine Augen. Jede Richtung scheint falsch.

Ein letzter Blick zu dir, meine Mundwinkel formen ein tapferes Lächeln.
„Alles wird gut.“, soll es sagen, doch die Lüge wiegt schwer.

Du siehst auf, siehst mich an.

Silbern glänzen Tränenfäden auf deinen blassen Wangen, Buchstaben einer fremden Sprache. Zögernd öffnest du den Mund, als müßtest du die Worte neu erlernen, neu finden, in dir, in der trägen, tränenschweren Luft.
Kein Ton verläßt deine Zunge, schwängert den Äther mit deinem Klang; keine Silbe erreicht, erfaßt mich, nimmt mir den letzten Grund zu fliehen.

Ich sollte gehen, doch in hinter deinen Augen wartet ein Dunkel.

Deine Lippen bewegen sich, lautlos, schmelzen unter heißen Tränen, formen die Wirklichkeit neu.
„Halt mich…“

[Im Kopf: Janus – „Überleben“]