Nichtzeit

Nachts um vier sind die Straßen leer. Grau und blind betrachten mich gardinenverhangene Fensterscheiben, schlummern in fremden Welten. Irgendwo sehe ich Licht. Als ich mich nähere, erlischt es. ‚Gute Nacht.‘, wünsche ich.

In einem Computerspielecenter töten vier nächtliche Kämpfer mit schweren Waffen finsteres Feindesgut, wirken erstaunlich aufgeweckt. Hinter Jalousinen flimmert blaues Licht, doch ich zweifle, ob das Fernsehprogramm um diese Uhrzeit sehenswert ist.

Taxis eilen vorbei, fremden Zielen entgegen. In der Ferne röhrt eine aufgemotzte Prollkarre, trägt matte Partygänger heim. Die parkenden Autos bilden blecherne Schlangen am Straßenrand, tote Maschinen, auf ihre Reanimation wartend. Zwischen ihnen schleicht eine Katze ihres Weges, der nächtlichen Ironie ergeben – mit grauem Fell. Weiße Blumen liegen auf einem Beifahrersitz, atmen durch einen schmalen Fensterschlitz. Etwas Kleines huscht über den Asphalt, verkriecht sich unter einem Fahrzeug, von meinen schweren Schritten vertrieben. ‚Ein Marder?‘, frage ich mich, gehe auf die Knie, um unter das Auto zu blicken, doch sehe nichts, stehe auf, laufe weiter.

Es ist eine Nichtzeit zwischen den Feiertagen. Ruhende Menschen träumen sich Kommendem entgegen. Zu spät für ausgelassene Nachtschwärmer. Zu früh für Arbeitende und andere Aufsteher. Die Straßen und Gehwege sind leer.

Nur vereinzelt sehe ich andere Gestalten. Sie suchen die Distanz, den Blick starr und müde auf den Boden gerichtet. Der Himmel lichtet sich allmählich. Es wird Zeit heimzukehren.