Chili-Marathon

Im Rahmen des vermutlich frühlingsbedingt aufkeimenden Wunsches nach der Aufnahme gesünderer Lebensmittel beschloß ich unlängst, meine Neigung zu häufigem Verzehr von Chili con Carne einer kleinen Änderung zu unterziehen, indem ich nicht wie eh und je einfach irgendein Maggi/Knorr-Chili-con-Carne-Pulver inklusive der üblichen Konservierungs- und Gutschmeckmittelchen benutzte und mich anleitungsgemäß verhielt, sondern ein längst verstaubte Kochbuch vom Küchenschrank fischte, herausfand, welche Zutaten als sinnvoll zu erachten wären und diese dann käuflich erwarb, darauf achtend, daß ich mich einerseits nicht allzu pingelig an die gedruckten Vorgaben hielt und daß jene Zutaten zumindest ansatzweise das Prädikat „ökologisch sinnvoll“ oder gar „gesund“ verliehen bekommen könnten.

Den ersten Versuch startete ich vor schätzungsweise zwei Wochen, unterstützt von meiner Mitbewohnerin, die eigentlich nur helfen, nicht aber mitspeisen wollte. Das Ergebnis war erwartbar zufriedenstellend, nein: äußerst lecker, auf keinen Fall vergleichbar mit dem Maggi/Knoor-Gepamps und zementierte den Beschluß des Verzichts auf die Fertigpulvertüten erwähnter Firmen.

Nachdem ich am gestrigen Mittag aufgestanden war, stellte ich einen Hunger fest, der mit Chili bekämpft werden wollte. Ich machte mich sogleich ans Werk, was leider bedeutete, zunächst das unsaubere Geschirr in der Küche einem gründlichen Reinigungsprouzeß zu unterziehen. In einer 5er-Wg fällt allerdings eine Menge Unsauberes an, weswegen ich eine graume Weile beschäftigt war, ehe ich mich der Zubereitung meiner Mahlzeit widmen konnte.

Doch dann ging es los, und wieder kam ich nicht umhin festzustellen, daß Kochen unglaubliche Freude zu bereiten vermag, daß allein schon die vorbereitenden Maßnahmen Potential haben, mich wohlfühlen zu lassen. Ich liebe es zu bemerken, welche im Kochbuch genannten Zutaten mir fehlen und Ersatz dafür zu finden beziehungsweise Eigenergänzungen vorzunehmen, das Abgedruckte nur als unbedeutenden Leitfaden zu erachten und meiner Laune freien Lauf zu gewähren. Ich liebe es, nach Gefühl Mengen abzuschätzen und hinzuzugeben, mich auch auf das richtige Gefühl zu verlassen, wenn es darum geht, wie lange dies oder das noch zu garen, zu braten oder zu kochen hat. Ich liebe es, so etwas wie Kreativität während der schlichten Zubereitung einer Mahlzeit walten zu lassen.

Das Chili war äußerst lecker, hätte zwar vielleicht noch ein wenig mehr Schärfe vertragen, aber gefiel mir auch so, bin ich doch für gewöhnlich nicht der Vertilger übermäßig geschärfter Lebensmittel. Ich setzte mich an den Tisch und schaufelte das Essen in mich hinein, das Gefühl des guten Geschmacks und des Wissens genießend, mehr oder minder auf mich allein gestellt gekocht zu haben.

Jedoch war es zu viel. Schnell war festzustellen, daß die Mahlzeit für drei Personen ausreichend sein würde, daß also eine einzige damit völlig überfordert sein würde. Natürlich hatte das zur Folge, daß meine abendliche Mahlzeit aus ebenjenem Chili bestand, wobei ich diesmal der Einfachheit halber den Reis gleich mit unterrührte, was zwar der Ansehnlichkeit des Essens, nicht aber dessen Geschmack schadete.

Nach dem Abendbrot war noch immer ein nicht geringer Rest in der Pfanne ersichtlich. ‚Na. dann weiß ich ja, was es morgen zum Frühstück für mich geben wird.‘, dachte ich.
Sicherlich mag es wenig deliziös klingen, den Tag mit derart herzhafter Mahlzeit zu beginnen, doch sei erwähnt, daß mir gar nichts anderes übrig blieb, waren doch meine restlichen Nahrungsmittelvorräte, insbesondere Brotartiges, auf ein Minimum geschrumpft, so daß ich – wenn ich auf ein Frühstück nicht verzichten wollte – tatsächlich mit Chili vorliebnehmen mußte.

Soeben erwachte ich, nachdem ich mir selbst ein geruhsames Ausschlafen gegönnt und jegliche Wecker bewußt ignoriert hatte.
‚Frühstück wäre nicht schlecht.‘, dachte ich und erinnerte mich des Chilis.
Dann warf ich einen Blick auf die Uhr. Es war bereit Mittagszeit.

‚Schön.‘, freute ich mich, ‚Da fällt das Frühstück eben aus. Aber ich weiß schon, was es zum Mittag geben wird.‘